Aus dem Urlaub zurückgekehrt fällt mir auf, wie sehr mein Alltag von der Arbeit bestimmt wird. Die Stunden fliegen nur so dahin. Ich spüre die Verspannungen in den Schultern, wenn ich die lange Liste von E-Mails endlich durchforstet habe. Die Tage sind nun nicht mehr angefüllt mit Wanderungen durch grüne Auen, sondern mit dem Sitzen am Computer und mit Gesprächen in der Gemeinde.
„Arbeit ist das halbe Leben“ – dieser Spruch erinnert mich an die vielen arbeitslosen Menschen unter uns. Für sie ist es oft schwer, dem Alltag eine neue Struktur zu geben. Auch vielen frisch gebackenen Renterinnen und Rentner fehlen anfänglich die Arbeit und der Kontakt zu den Kollegen.
Bei anderen, längst nicht nur bei mir, macht die Arbeit oft mehr als die Hälfte des Lebens aus. Ein Auftrag soll noch am gleichen Tag rausgehen, ein dringender Besprechungstermin ist hinzugekommen, die Arbeit der kranken Kollegin muss übernommen werden. Dabei sind wir froh, dass wir überhaupt Arbeit haben, denn sie strukturiert den Tag und gibt Bestätigung. Glücklich sind die, die einen Beruf haben, den sie gerne ausfüllen. Aber der Beruf ist nicht alles. „Arbeit ist das halbe Leben“ – eben nur das halbe, nicht das ganze Leben.
Vielleicht helfen uns die warmen langen Sommertage, dass wir mal überlegen: Was möchte ich eigentlich mit der anderen Hälfte meines Lebens tun, mit der Zeit, in der ich nicht arbeite? Was täte mir gut? Das kann ganz verschieden sein: ein Spaziergang nach dem Tag im Büro, Joggen im Vilbeler Wald, meditieren, sich mit FreundInnen treffen, ein gutes Buch lesen, ins Open Air Kino gehen, einen Gottesdienst besuchen. Es wäre schön, sich einmal Zeit für diese Gedanken zu nehmen und sie womöglich auch gleich umzusetzen. Nutzen wir den Sommer dazu und lassen die Gedanken fliegen, denn das Träumen gehört ganz sicher zur anderen Hälfte des Lebens dazu.
Pfrin Dr. Irene Dannemann,
Ev. Heilig-Geist-Gemeinde