Bad Vilbel. Was zunächst wie ein größerer Kindergarten-Ausflug wirkte, hatte auf den zweiten Blick einen sehr ernsten Hintergrund. Mit viel Getöse – dafür sorgten die Drei- bis Sechsjährigen unter den Beteiligten – zogen knapp 50 Eltern mit ihren und weiteren zu betreuenden Kindern, begleitet von der Polizei, vom alten zum neuen Rathaus, um ihre Solidarität mit den streikenden Erzieherinnen zum Ausdruck zu bringen. Es ging den Müttern und Vätern aber auch darum, die derzeitigen Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder zu verbessern.
„Die Notdienst-Situation während der Streiks ist für eine kinderfreundliche Stadt wie Bad Vilbel nicht akzeptabel“, sagte Filiz Sezerer-Göbel, Vorsitzende des Elternbeirates der Kindertagesstätte (Kita) Zauberburg in ihrer Ansprache zu Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU). „Wir sind heute mit den Kindern hier, die von Eltern-Initiativen im privaten Bereich organisiert werden. Versicherungstechnisch und von der Belastung her ist dieser Zustand für die betroffenen Mütter nicht mehr länger zumutbar.“ Symbolisch überreichten die Demonstranten Stöhr eine Sammlung mit 100 Unterschriften.
In seiner ersten Reaktion verwies der Bürgermeister auf die Tarifparteien, die am Zuge seien, sich endlich zu einigen. Die Stadt tue ihr Möglichstes: Notdienste würden eingerichtet, so gut es ginge, unter den Angestellten sei eine Urlaubssperre verhängt worden, Eltern dürften in den Kitas den Nachwuchs selbst betreuen. „Ich kann aber keine Erzieherin daran hindern, von ihrem Streikrecht Gebrauch zu machen“, sagte Stöhr. Eine Aufforderung an die Gewerkschaft ver.di, Aushilfspersonal nach Vilbel zu entsenden, sei bisher ungehört geblieben. Zur Enttäuschung der Demonstranten beteiligte sich gestern Vormittag auch kein ver.di-Vertreter am Protestzug.
Stöhr möchte dem Vorschlag der Eltern nachkommen, sich mit benachbarten Kommunen in Verbindung zu setzen, um einen gemeinsamen Notplan aufzustellen. Obwohl schon an mehreren Tagen gestreikt wurde, besteht eine solche Kooperation noch nicht. Auch stellte der Rathaus-Chef in Aussicht, Kitas wenigstens für die Mittagsversorgung kurzzeitig zu öffnen, schließlich seien die Hauswirtschaftskräfte nicht vom Streik betroffen.
„In den ersten ein, zwei Tagen konnten wir das noch abfangen, aber langsam wird’s zu viel“, meinte Juliane Krämer, eine der verzweifelten Mütter. „Es ist für die Eltern unbefriedigend, ganz kurzfristig hin und her geschoben zu werden“, sagte Filiz Sezerer-Göbel. „Viele nehmen ihre Kinder mit ins Büro. Es gibt aber schon Mütter, die Abmahnungen von ihrem Arbeitgeber bekommen haben, weil sie bei ihren Kindern bleiben mussten.“ (rem)