Karben. Zwölf Stunden hatte die Zugfahrt gedauert, die vor 35 Jahren Karbener Bürger antraten, um Saint-Égrève in Frankreich zu besuchen. Es war der Beginn einer langen Freundschaft. Mit der südfranzösischen Stadt Ramonville Saint-Agne wurde im selben Jahr die Städtepartnerschaft besiegelt.
Vier Tage lang hielten sich rund 50 Gäste, darunter Gründungsmitglieder und Aktive der Verschwisterungs-Komitees, in Karben auf, machten einen Tagesausflug an den Rhein und schlossen den Besuch mit einer Varieté-Veranstaltung in der Kulturscheune ab.
Zur offiziellen Verschwisterungsfeier mit Ehrung der Gründungsmitglieder am Samstag im Bürgerhaus Okarben konnte Bürgermeister Roland Schulz (SPD) seine Amtskollegen Cathérine Kamowski (Saint-Égrève) und Christophe Lubac (Ramonville) begrüßen. Aus der tschechischen Partnerstadt Krnov war eine Delegation mit dem stellvertretenden Bürgermeister Bedrich Marek angereist.
„Wer hätte vor 35 Jahren geglaubt, dass zwischen den Menschen unserer Städte eine so großartige Partnerschaft entstehen könnte“, sagte Roland Schulz. Höhepunkt vor zehn Jahren sei das „Festival der fünf Sinne“ in Saint- Égrève gewesen, an dem rund 100 Musiker ein eigens komponiertes Stück uraufgeführt hätten. Wichtig seien Jugendbegegnungen wie der Schüleraustausch oder Treffen von Sportvereinen.
Schulz wies auf die Chancen eines größer werdenden Europa hin. Dahinter stehe der Wunsch nach einem friedlichen Zusammenleben der Völker. „Wir haben ein großartiges Netzwerk von Partnerstädten quer über den europäischen Kontinent.“ Die Freundschaft zwischen den Städten und das Zusammenwachsen Europas beschwor auch Bürgermeisterin Cathérine Kamowski (parteilos): „Wir wollen fortführen, was vor 35 Jahren begonnen wurde.“ Sie dankte den Aktiven, die sich mit ihrem Einsatz auch für ein Europa der Völker eingesetzt hätten.
Ähnlich sah es ihr Amtskollege Christophe Lubac (Partie socialiste PS): Die Gründer der Verschwisterungs-Komitees hätten sich für ein friedliches und demokratisches Europa eingesetzt. Bedrich Marek wies darauf hin, dass mit der Partnerschaft Karben – Krnov ein neues Kapitel der Verschwisterungen aufgeschlagen worden sei. Detlev Engel habe damals den Mut gehabt, den Partnerschaftsvertrag zu unterzeichnen.
Welche Aufbruchsstimmung vor 35 Jahren herrschte, daran erinnerte Wilhelm Kliem (80), Mitstreiter der ersten Stunde, Feuerwehrmann und einstiger Stadtbrandinspektor. „In meiner Generation war es noch nicht selbstverständlich, dass Deutsche und Franzosen Kameraden waren.“ Berührt sei er gewesen, als sie bei ihrer ersten Reise nach Saint-Égrève mit dem Ruf begrüßt worden seien „Wir sind alle Brüder“.
Für Unmut am Rande der Feier sorgte, dass die Vertreter der Koalitionsfraktionen von CDU, FWG und FDP und Stadtverordnetenvorsteherin Ingrid Lenz (CDU) fehlten. Lenz ließ verlauten, dass sie keine Einladung erhalten habe. Und das, obwohl es sich um eine offizielle Jubiläumsveranstaltung der Stadt handele.
Es habe in jeder Zeitung gestanden, dass das Jubiläum gefeiert werde, argumentierte Susanne Schubert, die für die Stadt Karben die Aktivitäten zur Städtepartnerschaft organisiert. Bürgermeister Roland Schulz meinte auf Nachfrage der Frankfurter Neuen Presse: „Die Städtepartnerschaft lebt nicht von der Politik, sondern von den Menschen. Es war schon immer so, dass wir mit denjenigen gefeiert haben, die den Freundschaftsgedanken leben.“