Bad Vilbel. „Willst Du in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah“, wusste bereits der Frankfurter Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe. Die Bürger und Besucher der Quellenstadt können dieser These dank ihres hervorragenden Heil- und Mineralwassers in puncto Wellness und Gesundheit voll zustimmen. Das kostbare Bad Vilbeler Nass passiert auf dem Weg aus seiner unterirdischen Quelle tief im vulkanischen Urgestein der Erde unterschiedliche Erd- und Gesteinsschichten. Und löst aus ihnen auf seinem Weg an die Oberfläche wertvolle Mineralien und Spurenelemente.
Bereits vor 2000 Jahren schätzten und nutzten die Römer den Kohlesäurereichtum der Vilbeler Mineralwasserquellen so begeistert, dass sie das „perlige Nass“ in Tonkrügen sogar über die Alpen nach Rom transportierten. Das Mineralwasser diente ihnen nicht nur als erfrischendes Getränk, sondern auch für ihre Badekultur. Davon zeugen die Überreste der 1849 am heutigen Südbahnhof gefundenen großen römischen Badeanlage. Auf Initiative von Hassia Mineralquellen kann seit Ende Mai 2007 in einem Glaspavillon im Kurpark die Rekonstruktion des dort gefundenen prunkvollen römischen Mosaiks bewundert werden. Lebendig dargestellt sind Meeresbewohner, groteske Mischwesen und Tiere, die sich um den Meeresgott Oceanus scharen.
Die gesundheitliche Bedeutung des Vilbeler Wassers erkannte bereits 1552 Doktor Jakob Theodor von Bergzabern, genannt Tabernamontanus. Er beschreibt 1581 im „Neuw Wasserschatz“ 102 Thermal- und Sauerbrunnen, darunter den „Fülfeler Sauerbrunnen“. Der Landvermesser Friedrich Grosholz, an den ein Denkmal auf dem Marktplatz erinnert, legte im 19. Jahrhundert den Grundstock für die florierende Mineralwasserindustrie. Er füllte das Vilbeler Wasser in Tonkrüge und lud es auf Pferdewagen. Mit Hilfe der Sprudelbuben, die am Brunnen neben dem Alten Rathaus verewigt sind, vertrieb er es in der gesamten Region. Ein besonderes Ereignis in der Geschichte des Mineralwassers in Bad Vilbel war am 21. Juni 1900 die Erbohrung Europas kohlensäurereichster Mineralquelle neben dem Alten Rathaus durch Carl Brod. Der artesisch austretende Sprudel sprang aus neun Metern Tiefe vierzehn Meter hoch und lieferte 532 Liter Mineralwasser in der Minute. Er wurde Viktoria-Melitta-Sprudel getauft und trägt ab 1903 den Namen „Brod´scher Sprudel“. Chemische und medizinische Untersuchungen zeigten, dass der Sprudel ein Heilwasser lieferte. Mit der Verabreichung von Heilbädern setzte ein reger Badebetrieb ein. Carl Brod bot in seinem Haus am Marktplatz 11 Mineralwasser- und Kohlensäurebäder an. Im Jahre 1925 erfolgte die staatliche Anerkennung des Brod´schen Sprudels als Heilquelle. Nach dem ersten Weltkrieg bohrten immer mehr Wasserhändler auf ihren Grundstücken eigene Brunnen. Ab 1930 wächst ihre Zahl auf 30 selbstständige Brunnenbetriebe an.
Die erste Hassia-Sprudel-Quelle 1864 erbohrte Hassia-Firmengründer Johann Philipp Wilhelm Hinkel. Das Mineralwasser wurde in Stein- und Tonkrüge abgefüllt. Der Sprudel von Carl Brod und der erste Hassia Sprudel versiegten 1935. Um die Jahrhundertwende erfolgte erstmals die Flaschenabfüllung. 1903 bohrt Fritz Hinkel in 80 m Tiefe einen weiteren Hassia Sprudel. Aus dieser Quelle wird bis heute kostbares Mineralwasser gewonnen. Fritz Hinkel´s Söhne, Wilhelm und Otto, erschlossen zusammen mit der Stadt 1936 im Bad Vilbeler Kurpark in 320 Meter Tiefe eine weitere Quelle. Sie übernahmen mit dem 1930 erbohrten Friedrich-Karl-Sprudel die Lieferung von Mineralwasser zu Badezwecken. Von den über 20 Mineralwasserquellen der Stadt sind nur zwei seit Ende der 40er Jahre staatlich anerkannte Heilquellen: Die Hassia Quelle und der Römer Brunnen. Der von Carl Brod erst in seinem Haus in der Kernstadt und später auf dem Heilsberg aufgezogene Kurbetrieb, brach mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges zusammen. Im August 1933 wurde das 1927 von Vilbeler Arbeitervereinen errichtete und seit 1931 im städtischen Besitz befindliche Volkshaus zum Kurhaus mit Heilbad umgebaut. Ihren Höhepunkt erreichte Bad Vilbel als Kurstadt Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts mit jährlich bis zu 3000 Kurgästen. 1971 wurde der Kurbetrieb privatisiert. Pächter des Heilquellenkurbetriebs wurde Jochen Sonntag, der später in die Seniorenresidenz Quellenhof umzog. Ambulante Badekuren können auch bei Dr. Ansgar Schultheis im Netzwerk Körper wahrgenommen werden. Seit April 1948 trägt die Stadt der Quellen das Prädikat „Bad“. Die heilsamen Mineralquellen verhalfen der Stadt der Quellen zu ihrem hohen Bekanntheitsgrad.