Bad Vilbel. Stadt der Brunnen und Brauer – mit diesem Titel könnte sich die Quellenstadtvielleicht schon bald schmücken. Denn es gibt Anzeichen, dass die Radeberger-Gruppe 2012 von Frankfurt nach Bad Vilbel umziehen könnte. Noch sind die Würfel nicht gefallen.
Einen Tag nach der Entscheidung der Radeberger-Gruppe, die Stadt Frankfurt zu verlassen, waren mehrere Alternativ-Standorte in der Region im Gespräch. Favorit scheint das so nahe an der Mainmetropole gelegene Bad Vilbel zu sein, aber auch Butzbach und Groß-Gerau seien angeblich gut im Rennen. Während Bad Vilbel mit dem „Quellenpark“ aufwarten kann, soll Butzbach ebenfalls ein Areal an der Autobahn anzubieten haben. Die Nachricht, dass Radeberger an dem 22 Hektar großen Grundstück der ehemaligen Zuckerfabrik in Groß Gerau interessiert sei, bezeichnete der ehemalige Südzucker-Vorstand Arnd Reinefeld jedoch vergangene Woche noch als Gerücht, berichtete die „Frankfurter Neue Presse“.
In der Radeberger-Firmenzentrale an der Darmstädter Landstraße hält man sich noch bedeckt. Es werde sondiert. „Wir verhandeln noch mit mehreren Kommunen“, bestätigte Firmen-Sprecherin Birte Kleppien. Nach unseren Informationen sollen Radeberger weit mehr als 50 Angebote von Kommunen vorliegen, drei oder vier Flächen sollen jedoch in der engeren Auswahl sein, darunter der „Quellenpark“.
Nach mehreren Verhandlungsrunden sollen Bürgermeister Thomas Stöhr und der für Immobilien zuständige Stadtwerke-Geschäftsführer Klaus Minkel (beide CDU) am Freitag erneut bei den Brauerei-Verantwortlichen in Frankfurt getagt haben. Im Vorfeld der regulären Stadtparlamentssitzung am Dienstag, 19. Mai (nach Redaktionsschluss), hatte der Vorsitzende der CDU-Mehrheitsfraktion, Josef Maetz, seine Leute kurzfristig für Freitagabend zu einer Sondersitzung ins Rathaus geladen. Die Sitzung dauerte aber keine halbe Stunde. Es soll auch noch ein anderer „äußerst wichtiger Punkt Thema“ gewesen sein, der sehr bald Beschlussreife haben soll. Laut uns vorliegenden Informationen habe es mit der Radeberger-Gruppe harte Verhandlungen gegeben – aber auch die klare Aussage, noch nichts ist spruchreif.
Würden sich die Radeberger-Gruppe und die Stadt einig, könnte die Brauerei ein 200 000 Quadratmeter (20 Hektar) großes Areal im nördlichen Bereich des Quellenparks, der ehemaligen Krebsschere, bebauen. 60 Hektar verblieben damit noch für andere Ansiedlungen. Der Umzug in die Quellenstadt könnte die lange erhoffte Initialzündung zur Vermarktung von Bad Vilbels größtem Gewerbegebiet, des Quellenparks, sein. Die Baufirma HochTief hält seit Jahren eine so genannte Option auf Teile des Quellenparks, kam bislang aber noch nicht in die Gänge. Ein Knackpunkt bei den Verhandlungen mit der Radeberger-Gruppe soll der Bad Vilbeler Grundstückspreis sein. Fest steht inzwischen, der ursprüngliche Fertigstellungstermin für das Großprojekt, nämlich 2011, dürfte sich um ein Jahr verzögern. An den Plänen jedoch sollen keinerlei Abstriche gemacht werden: Gebaut werden eine Brauerei, eine Abfüllzentrale, ferner ein Logistikzentrum und das Verwaltungsgebäude für den Sitz der Gruppe. Kleppien wollte sich vorerst nicht festlegen, ob die Zahl der derzeit 500 Beschäftigten am neuen Standort gleich hoch bleibt.
Die Radeberger Gruppe KG mit Sitz in Frankfurt am Main entstand im Juli 2002 durch Umbenennung der „Binding-Gruppe“ in „Radeberger Gruppe“. Sie ist ein Geschäftsbereich der Oetker-Gruppe. Unter diesem Dach werden bekannte Marken geführt wie Radeberger Pilsner, Jever, Henninger, Binding, Stuttgarter Hofbräu, DAB, Clausthaler, Freiberger, Allgäuer Brauhaus (Kempten im Allgäu), Schöfferhofer Weizen oder Selters. Der Umsatz dieses Geschäftsbereichs beträgt insgesamt rund 1,25 Milliarden Euro (2007). (sam/zlp)