Bad Vilbel. Bierbrauen ist in Vilbel kein Fremdwort. Schon im Jahr 1607 stellte der Küfer und Bierbrauer Niclaß Hartmann mehr als 5000 Liter Bier her und verkaufte es. 200 Jahre blühte ein regional bedeutsames Brauwesen im Städtchen an der Nidda. „Die Wettbewerbsvorteile der Großbrauereien waren unschlagbar, so dass 1885 die Brautätigkeit in Vilbel aufgegeben wurde“, hat der Getränketechnologe und Heimatforscher Stefan Kunz recherchiert.
Das Vilbeler Braugewerbe blühte im 18. und 19. Jahrhundert vor allem in der Frankfurter Straße. Die Gasthöfe hießen „Zum Rothen Ochsen“ im Haus Nummer 1, „Zum Wilden Mann“, auf dem Nachbargrundstück, und die Kette der Gaststätten ging bis zum „Goldenen Löwen“ (Hausnummer 87) oder „Zum Goldenen Pfau“, der mit Tanzsaal auf dem heutigen Zentralparkplatz stand.
Die große Ausnahme bildete die Braustätte in der Ritterstraße 55. Der Gastwirt des „Goldenen Engel“ in der Frankfurter Straße 4 hatte um 1864 am Hang des Niederbergs einen Felsenkeller zum Bierlagern und –kühlen in direkter Nähe zu einem Steinbruch errichtet. Nur der Straßenname „Am Ritterkeller“ zeugt noch von der Tradition. Der ehemalige Eiskeller in der Ritterstraße ist den Vilbelern nicht nur wegen des „kühlen Blonden“ in bester Erinnerung. Der Keller diente vielmehr als Luftschutzraum. 1977 sind dort Mehrfamilienhäuser gebaut worden.
Bockbier, „verzapft im Pfau“, war noch 1873 ein Werbeknüller in den Zeitungen. Der Pfau lud außerdem zu Kirschkuchen-Preiskegeln ein, warb mit dem „größten Tanzsaal am Platze“ und einem schönen, schattigen Garten. In den Dreißigerjahren gab es im Saal Sechstage-Rennen, und von 1951 bis 1962 ein Kino. Die Gebäude wurden an die Stadt verkauft und im Sommer 1962 abgerissen. Auf dem Gelände sollte, so berichtet Kunz, ein Bürgerhaus errichtet werden. Dieses aber entstand dann auf dem Heilsberg, und die Frankfurter Straße 64 wurde „Zentralparkplatz“. Ein bisschen „alte Biertradition“, die übrigens auch in den Gastwirtschaften der Stadtteile eine Rolle spielte, ist vor zwei Jahren wieder lebendig geworden – mit dem „Bad Vilbeler Brauhaus am Hopfenfeldchen“.
Alle Einzelheiten über das „Bierbrauergewerbe in Bad Vilbel“ enthält Band 50 der Bad Vilbeler Heimatblätter von Stefan Kunz aus dem Jahr 2007.