Bad Vilbel. Notärzte, Katastrophen- und Rettungshelfer aus dem gesamten Wetteraukreis kamen am Samstag zum „6. Wetterauer Rettungsdienst-Tag“ ins Dortelweiler Sport- und Kulturforum. Elf Referenten informierten die Teilnehmer des Fachkongresses über gesetzliche und rechtliche Grundlagen, neue Techniken, Konzepte, Strukturen und den medizinischen Fortschritt in der Notfallmedizin.
Eröffnet wurde die Veranstaltung vom Kreisbeigeordneten Ottmar Lich (FWG). Der Dezernent für den Rettungsdienst, den Brand- und Katastrophenschutz, sagte, dass „die Bürger einen Anspruch darauf haben, nach den neuesten medizinischen Erkenntnissen und Standards gerettet und behandelt zu werden“.
Die Eröffnungsrede hielt Jürgen Banzer (CDU), hessischer Minister für Arbeit, Familie und Gesundheit. „Ihr Engagement ist die Grundlage dafür, dass jeder in Hessen liegende Notfallort innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Hilfsfrist von zehn Minuten erreicht werden kann.“ In 90 Prozent aller Fälle wurde diese Vorgabe eingehalten, konkretisierte Banzers Mitarbeiter, Wilhelm Schier. Es gebe jedoch einen Unterschied zwischen Stadt und Land. Der mittlere Wert bis zum Eintreffen der Helfer liege zwischen 5,28 bis 8,33 Minuten. Dr. Reinhold Merbs, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes im Wetteraukreis, beurteilte die derzeitige Lage kritischer als die Politiker. In seiner Rede „Unser Weg im Rettungsdienst“ wies er auf die gravierenden Strukturprobleme im Ostkreis der Wetterau hin. Dort stünden viele Praxen aus Altersgründen vor der Schließung. Nachwuchs gebe es bei niedergelassenen Ärzten kaum. Dies sei kein Wunder, denn „wer in Hessen Hausarzt wird, muss dumm sein“. Durch den Ärztemangel in den Akutkliniken gebe es Schwierigkeiten bei der Besetzung der Notarztwagen. Durch die angespannte personelle Situation verändere sich trotz zahlreicher Innovationen die Versorgungslandschaft und Versorgungskapazität dramatisch, sagte Merbs. So sei der Wetteraukreis durch die Bestückung der Notarzteinsatzfahrzeuge mit einem Gerät zur teilautomatisierten Reanimation (AutoPulse) zukünftigen Standards voraus. Allerdings sei die Finanzierbarkeit dieses Gerätes, ferner einer mobilen Herz-Lungen-Maschine und einer Schlaganfall-Diagnostik auf Rädern wie auch von Ultraschallgeräten im Rettungswagen nicht gesichert.
Da es zu wenig ausgebildete Bürger gebe, die im Notfall helfen könnten, überlebten in Deutschland nur fünf bis acht Prozent einen präklinischen Herz-Kreislaufstillstand. Neu sei, dass ein Herz schlagend vom Spender zum Empfänger transportiert werde.
Wie wichtig eine Ausstattung der Rettungswagen und 19 Kliniken mit Equipment nach neuestem Standard sei, zeige laut Merbs die neue Krankheitswelle in Mexiko. Ihr Ursprung sei ein mutiertes Schweinegrippe-Virus. Der Erreger sei vom Tier auf den Menschen übergegangen und springe inzwischen von Mensch zu Mensch.
Im Globalisierungs-Zeitalter sei eine Virus-Eindämmung auf eine bestimmte Region schwierig. Die Kliniken des Kreises arbeiteten an einem Krisenmanagement mit einheitlichen Abläufen. Die „beste Übung“ habe die kürzliche Verseuchung des Trinkwassers durch Koli-Bakterien in Friedberg und Bad Nauheim gebracht.
Es gibt in der Wetterau 14 Rettungswachen, 18 Rettungswagen und vier Notarztstandorte. In diesen herrschte 2008 keine Langeweile: Im vergangenen Jahr wurden jeweils mehr als 20 000 Notfalleinsätze, 1300 bereichsübergreifende Einsätze, 7000 Notarzteinsätze und 35 000 Einsätze insgesamt verzeichnet.