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Panik … auf der Titanic? – Das Woolworth-Kaufhaus in der Frankfurter Straße gehört zu dieser Stadt

Bad Vilbel. Im Woolworth-Kaufhaus in der Frankfurter Straße herrschte mäßiger Betrieb. Kundschaft hielt auf den Wühltischen nach Schnäppchen Ausschau, Männer probierten Schuhe an, Kinder kauften Zahnpasta. Auf die schlimme Nachricht angesprochen, Woolworth Deutschland habe Insolvenzantrag gestellt, zeigten sich die Kundinnen verblüfft. „Das hätte ich nicht gedacht“, sagte die Vilbelerin Verena B. Für sie wie für viele andere gehört Woolworth seit der Kindheit zur ersten Adresse, wenn es um günstigen Einkauf von Kleidung, Kosmetika, Schreibheften oder Kochtöpfen geht.

Die Mitarbeiter hielten sich in den vergangenen Tagen an die auch in normalen Zeiten geltende Parole: Presseauskünfte erteilt die Zentrale in Frankfurt. Und dann war doch noch zu hören, was als Sprachregelung an alle Mitarbeiter ausgegeben worden ist: „Keine Panik“. Es sei ja erst Insolvenzantrag gestellt und ein Insolvenzverwalter bestellt. Aber Konkurs, Schließung der Filialen, Entlassung tausender Mitarbeiter, davon könne im Moment nicht die Rede sein, hieß es am frühen Nachmittag.

Wie ein Lauffeuer sprach sich gegen 16 Uhr die Mitteilung des Frankfurter Insolvenzverwalters Ottmar Hermann herum, das Schlimmste sei zunächst abgewendet. „Der Handel für die Kunden in den 300 deutschen Filialen geht ohne Einschränkung weiter. Der Verwalter versucht alles, die Arbeitsplätze zu sichern und möglichst viele Standorte zu erhalten.“

Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) zeigte sich nach Erhalt der Nachricht vom Insolvenzantrag am späten Nachmittag vorsichtig optimistisch. Die Woolworth-Filiale befinde sich in einem attraktiven Marktumfeld. Auch wenn es dem Einzelhandel allgemein nicht gut gehe, Bad Vilbel sei mit Kräften dabei, die Innenstadt noch attraktiver zu machen und damit Kunden in die Geschäfte zu locken. Noch dieses Jahr werde die Planung für die „Neue Mitte“ kommen. Eines allerdings könne die Stadt nicht leisten, nämlich das Kaufhaus in eigener Regie zu betreiben. Aber die Hoffnung, dass sich notfalls ein neuer Mieter für die attraktive Lage finden ließe, die wolle er nicht aufgeben.

Das Kaufhaus Woolworth gehört zum traditionsreichen eisernen Bestand der Einzelhandelslandschaft in der Innenstadt. Einst hat auf dem Grundstück das traditionsreiche Hotel „Zur Stadt Kassel“ gestanden. Es wurde Anfang der Siebzigerjahre abgerissen.

Die Gewerbezulassung für das Woolworth-Kaufhaus datiert vom Oktober 1973. Genehmigt wurde vom städtischen Gewerbeamt ein Einzelhandel von Bedarfsartikeln, ein Fotoautomat, Speiseeisverkauf und der Verkauf pyrotechnischer Artikel.

Im Laufe der Jahrzehnte hatte die Fassadengestaltung Anstoß erregt. Die massige Leuchtreklame wurde gar innerhalb der städtischen Gestaltungssatzung vom Stadtparlament kontrovers diskutiert.

Dass der Deutschland-Konzern Mühe hatte, sich in schlechten Zeiten zu behaupten, war schon Ende vorigen Jahres allgemein bekannt. In Bad Vilbel blieb die Filiale aber am Ball. Das Kaufhaus ist von neun bis 19, donnerstags und freitags bis 19.30 Uhr geöffnet, samstags bis 18 Uhr und damit länger als die meisten Geschäfte in der Innenstadt.

Als Woolworth Deutschland sein Erscheinungsbild 2008 aufpolierte und einen „Marktplatz“ in der Leipziger Straße von Frankfurt einrichtete, dauerte es nicht lange, bis die Vilbeler Filiale folgte. Wie und ob es weitergeht, das wird die nächste Zeit zeigen.