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Wer rettet Woolworth? – Der Kommentar

Wo geht es hier in die Zukunft? Links vom Weg ab, dann schief rechts und dann immer geradeaus den Bach runter! Nur ein Witz? Mitnichten – erst die Heuschrecken, Pleitegeier und die bodenlosen Banken, dann Marionettenpolitiker und die Milliardären-Zocker Adolf Merckle oder Maria-Elisabeth Scheffler und jetzt schlittert die „Rest-Wirtschaft“ in den Ruin: Rosenthal, Schiesser, Märklin, Hertie, Karmann, Woolworth. Und plötzlich waren die schon alle pleite vor der Pleite, längst gestrauchelt, heißt es in den Nachrufen. Und die Lehre aus dem Debakel: Es war nicht die Krise, es war … die Nachtigall! Und der unfähige Manager. Am Kapitalismus liegt das alles nicht, der hat den Sozialismus überlebt und ist seither heilig gesprochen, auch nicht an der Geldgier und der Unverschämtheit, mit der gescheiterte Vorstände absahnen! Und im letzten Kapitel stehen dann nur naturtrübe Trostbotschaften für die Menschen am Fuße der Pyramide, etwa die Verkäuferinnen und Verkäufer: Nur Ruhe, stillehalten, wird schon noch, denn eine Insolvenz bedeutet doch nicht gleich das Ende! Na hoffentlich! Darauf setzen auch die Mitarbeiter von Woolworth und die vielen Kunden in dieser Stadt.

Was aber hat uns alles in dieses Tal der Tränen geführt? Rosenthal zu teuer, Woolworth zu billig? Sind es neben Luftverkäufen der Banken, die (ver)schwindende Kaufkraft, die paarGroschen, die aus Zukunftsangst in den Sparstrumpf wandern, sind es erschwerte Krediten in Krisenzeiten, die zu teuren Ladenmieten, die zurückhaltende Werbung? Und wieso schreckt der Billig-Ruf gerade Kunden ab, die gleichzeitig kein Problem damit haben, bei Lebensmittel-Discountern einzukaufen, etwa anderthalb Liter Mineralwasser für sage und schreibe 19 Cent. Wer kennt sich da noch aus in diesen Widersprüchen?

Ein Markt für preisgünstige Artikel ist jedenfalls vorhanden, die Geldnot vieler Verbraucher ebenso – vielleicht kann Woolworth in Zukunft über eine bessere Außendarstellung und mehr Werbung sich ein größeres Stück von diesem Kuchen abschneiden. Dazu muss die Warenhauskette aber erst die Insolvenz überleben. Wir drücken die Daumen! Nach neuester Politikerlogik müsste jetzt auch hier der Staat als Retter eingreifen. Und da wir im Herbst Bundestagswahlen haben, ruft vielleicht doch bald schon einer nach einer Abwrackprämie für Socken, Töpfe und für Nachthemden! Warum eigentlich nicht? Haben Autos hierzulande eine eingebaute Vorfahrt!?

Horst Samson