
Karben.Auf einem ehemaligen Teil-Areal der weiter bestehenden Gärtnerei Zumpe nördlich von Kloppenheim geht eine Waldorfschule in Betrieb. Am 18. August soll der erste Schultag sein. Bis es soweit ist, muss der Trägerverein noch Hürden überwinden.
Die Schule sollte längst in Betrieb sein. Für September 2023 plante der Bad Vilbeler Verein zur Pflege der Waldorfpädagogik die Eröffnung – doch die Aufstellung des Bebauungsplans verzögerte sich. Erst zur Jahreswende gaben die Stadtverordneten grünes Licht. Nun steht ein Provisorium auf dem Gelände: Elf Container in zwei Reihen wurden in den immer noch ziemlich zugewachsenen Baumschulwald am Ostrand des Geländes gestellt, nördlich der B 3 am Rande Kloppenheims.
Das richtige Schulgebäude kommt später. Es wird ein eingeschossiger Holzbau in Wabenform sein, deutet Thomas Geller an. Bald wolle man den Bauantrag stellen, der Bau selber gehe dann flott voran.
Thomas Geller ist Geschäftsführer des seit 42 Jahren bestehenden Waldorfkindergartens am Berkersheimer Weg in Bad Vilbel. Dort werden etwa 100 Kinder ab dem zweiten Lebensjahr nach den Prinzipien der Waldorfpädagogik betreut. Viele von ihnen leben laut Geller in Karben. Wenn sie da eine eigene Waldorfschule bekommen, müssen sie bei Schulreife nicht mehr nach Frankfurt, Oberursel oder Bad Nauheim wechseln.
Investitionssumme
ist noch unklar
Maximal 24 Kinder der ersten Klasse ziehen laut Geller nach den Sommerferien in die Container. Sie bekommen eine Lehr- und eine Unterstützungskraft. »Wir haben ein naturnahes Konzept, das sich von dem anderer Schulen unterscheidet.« Sport, Gartenbau, Eurythmie und »Team-Teaching« gehörten dazu, so der Schul-Mitgründer.
Vor der Aufnahme in die erste Klasse soll es noch Interviews geben. Man wolle sichergehen, dass die Kinder schulreif sind und die Eltern bereit zu einer stärkeren Mitwirkung am Schulleben als in den staatlichen Bildungsinstituten.
Bevor es losgehen kann, steht auch ein Gespräch mit der Schulaufsicht an. Der Trägerverein hat die Anerkennung der neuen Waldorfschule als »Ersatzschule« beantragt. Dies werde noch geprüft, berichtet Simon Nebeling vom Staatlichen Schulamt in Bad Vilbel. Schulen in freier Trägerschaft erweiterten durch ihre Erziehungsformen und Unterrichtsgestaltung das Angebot. »Unser Amt steht geplanten Neugründungen daher grundsätzlich offen gegenüber und prüft eingehende Anträge wertschätzend entsprechend der rechtlichen Vorgaben.«
Wenn alles klappt, kommt dann in jedem Jahr eine weitere Klasse hinzu – bis zur zehnten. Dann ist mit 240 Kindern und Jugendlichen die Maximalgröße erreicht. Sie wird letztlich wohl gebraucht, damit die – noch nicht bezifferte – Investition für den Bau und Betrieb der Waldorfschule tragbar ist. Der Trägerverein werde einen Bankkredit aufnehmen müssen, sagt Thomas Geller. Er sammle auch Spenden und werde von den Eltern eine niedrige dreistellige Summe an Schulgeld im Monat verlangen. Das Land Hessen beteiligt sich erst ab dem vierten Jahr des Schulbetriebs an den Kosten. Die Höhe des Zuschusses wird nach dem »Ersatzschulfinanzierungsgesetz« in einem komplizierten Verfahren errechnet.
2015 kostete ein Grundschüler das Land Hessen nach Angaben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) pro Monat 3926 Euro. Wenn Eltern mehr als 150 Euro an die Privatschule zahlen, dann sei die Schule in der Regel besser gestellt als eine staatliche Bildungsanstalt.
Viele Elterntaxis
werden erwartet
Die neue Waldorfschule soll am Ende über 4900 Quadratmeter verfügen – fast das ganze Gelände der jetzt noch geöffneten Gärtnerei Zumpe. In einigen Jahren behalten die bisherigen Eigentümer laut Bebauungsplan nur das Wohnhaus in der Nordostecke.
Das Gelände für die neue Waldorfschule mag idyllisch sein – die daran vorbeiführende Bundesstraße 3 ist es nicht. Wohl kaum ein Elternpaar wird es riskieren, den eigenen Sprössling zu Fuß von der 200 Meter entfernten Bushaltestelle in Kloppenheim über die vierspurige Quasi-Autobahn zur Schule laufen zu lassen. Auf der vierspurigen B3 sind täglich etwa 34 000 Autos unterwegs, schreiben die Autoren der Verkehrsanalyse zum Bebauungsplan. Zur Schule kämen etwa 420 Autofahrten hinzu. Vor allem Elterntaxis. Auch wenn der Waldorfschulverein einen Schulbus zwischen Kloppenheim und Bad Vilbel einsetzt. Von Klaus Nissen