Karben. Chorgesang im Verein gibt es in Karbens südlichstem Stadtteil nachweislich schon seit 160 Jahren. Und um die Zukunft ist den Verantwortlichen der Chorgemeinschaft Rendel nicht bange: Die Mitgliederzahl ist in den zurückliegenden Jahren stetig gewachsen.
Im Februar 1864, sieben Jahre vor der Gründung des Deutschen Kaiserreiches, treffen sich in der ehemaligen Gastwirtschaft Adam 18 Rendeler Männer zur Gründung des Gesangvereins Männerchor. Sie kommen aus bekannten Familien, betreiben alle Landwirtschaft. So wie es sich für Rendel gehört, könnte man sagen. Konrad Adam, der Gastwirt, ist einer von ihnen. Und von der Bornmühle kommt der »Bornmellerschorsch« Georg Hoos zur Vereinsgründung. Der Musiker und Landwirt Daniel Schütz wird zum Dirigenten bestimmt. Seinen Kollegen Wilhelm Hock wählt die Versammlung zum ersten Vereinsvorsitzenden.
Tradition 1947
wiederbelebt
Zwei Jahre später können die Gründer ihre erste Fahnenweihe begehen. Finanziert wird die Anschaffung unter anderem mit Spendengeldern namhafter Ortsbürger. Vor allem Friedrich Wilhelm Hock von der Scharmühle tritt mit einem ansehnlichen Betrag in Erscheinung. Marie Leonhard, eine Schülerin, übergibt das Banner auf dem Turnplatz der Gemeinde anlässlich eines Gartenfestes an den Männerchor.
Schmerzhafte Verluste und Stillstände im erfolgreichen Gemeinwesen bringen die beiden Kriege des 20. Jahrhunderts. Jeweils drei Sänger fallen auf den Schlachtfeldern des Ersten und Zweiten Weltkriegs. 1947 lassen die heimgekehrten Mitglieder mit der Gründung des Männergesangvereins »Eintracht Rendel« die Tradition wiederaufleben. 1954 können sie das 90-jährige Vereinsjubiläum feiern. In den 1950er-Jahren werden immer mehr Stimmen in Rendel laut, die um die Attraktivität und Leistungsfähigkeit des Chorgesangs fürchten. Eine Fusion des Männerchors mit dem 1875 gegründeten Gesangverein »Liederkranz« wird angestrebt und schließlich auch vollzogen. Am 16. September 1957 entsteht so die heute stadtbekannte Chorgemeinschaft Rendel.
Es gibt einen
Konzertmeister
Auf dem Weinfest der Chorgemeinschaft im Rendeler Pfarrgarten weiß der Vereinsvorsitzende Volker Stich Bemerkenswertes zu berichten. »Der letzte Sänger, der noch aktiv beim Liederkranz mitgewirkt hat und jetzt immer noch bei uns singt, ist Manfred Schulze. Unser erster Bassist singt bereits seit 71 Jahren in Rendeler Chören und fehlt nach wie vor bei keiner Chorprobe«, merkt Stich an.
Eine weitere Besonderheit sei das Amt des Praefectus chori. »Konzertmeister sagen wir dazu umgangssprachlich«, klärt der Fachmann auf. »In Deutschland gibt es nur noch zwei weitere Chöre mit Konzertmeister, den Leipziger Thomanerchor und den Dresdner Kreuzchor.« In Rendel wolle man diese Tradition auf jeden Fall am Leben erhalten. Und mit Ottmar Lenz, dem langjährigen Ersten Vorsitzenden, habe man keinen besseren Mann finden können.
Kameradschaft, Männerrunden, die Fahne des deutschen Liedguts hochhalten – die Chorsänger in Rendel bekennen sich zu dem, was bereits ihre Vorväter als Ideale vorgegeben haben, und sie tun das ganz unverhohlen. Von gestern sind sie aber dennoch nicht. Der Radetzky-Marsch gehört ebenso zu ihrem Musik-Repertoire wie »Männer« von Herbert Grönemeyer.
Volker Stich zieht insgesamt eine positive Bilanz. Seit acht Jahren führt er die Rendeler Chorgemeinschaft an. »Wir stehen im Jubiläumsjahr gut da, haben eine solide Basis«, sagt er. »Von 58 aktiven Sängern sind 40 bei Auftritten immer dabei. Als ich mit dem Chorgesang anfing, war ich Sänger Nummer 17«. Durch das Projekt »Reine Männersache« habe sich die Mitgliederzahl seit 2015 stetig erhöht. Das sei der richtige Schritt in die Zukunft gewesen. »Die ganz jungen Leute zu begeistern, ist nicht einfach«, weiß Stich. »Unser jüngster Sänger ist 25, der älteste 86 Jahre alt. Zum Schnuppern kommen meistens Leute im mittleren Alter«, erzählt Stick weiter. Klar ist derweil: Bei der Chorgemeinschaft Rendel wird auch in Zukunft aller Augenmerk auf dem Männergesang liegen. Jedenfalls: Ambitionen für einen Frauenchor bestünden derzeit nicht, lässt der Vereinsvorsitzende wissen.
Galakonzert
Am Samstag, 9. November, 19 Uhr lädt die Chorgemeinschaft Rendel zum Galakonzert in die Rendeler Kirche ein. Geboten wird eine Reise durch die Musikgeschichte. Dirigent Florian-Adam Neumann wird mit seinen Sängern ein völlig neues Repertoire präsentieren.
Von Jürgen Schenk