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Musikalisches Löwen-Gebrüll

Fulminanter Auftritt: Getragen von einer Welle aus Applaus überzeugt die »Brass Band Hessen« mit ihrem Dirigenten Hans-Reiner Schmidt während ihres Gastspiels bei der sonntäglichen Burgfestspielmatinee. Foto: Christine Fauerbach
Fulminanter Auftritt: Getragen von einer Welle aus Applaus überzeugt die »Brass Band Hessen« mit ihrem Dirigenten Hans-Reiner Schmidt während ihres Gastspiels bei der sonntäglichen Burgfestspielmatinee. Foto: Christine Fauerbach

Bad Vilbel. Mit der »Brass Band Hessen« tourte das Bad Vilbeler Festspielpublikum am Sonntag rund um den Globus. Mit ausgeprägter Spielfreude, ungewohnten Blechbläserklängen sowie einem unterhaltsamen wie anspruchsvollen Konzertprogramm inklusive einer Uraufführung begeisterte die Band mit ihrem unverwechselbaren Sound vom ersten bis zum letzten Ton.
Mit stürmischem Applaus begrüßte das Matineepublikum in der Wasserburg erst die 26 Blechbläser und vier Schlagzeuger der »Brass Band Hessen« und dann ebenso begeistert den musikalischen Leiter Hans-Reiner Schmidt. Er ist Musikfreunden als Dirigent, Komponist, Arrangeur, aber auch als Dozent, Posaunist, Euphoniumspieler und Basstrompeter ein Begriff.
Für die 2008 gegründete »Brass Band Hessen« ist der Auftritt in der historischen Wasserburg quasi ein Heimspiel. Seit 2011 tritt die Band immer wieder in Bad Vilbel auf. Mitgebracht haben die Musiker ihren Fans diesmal ihr aktuelles Sommer-Tour-Programm. Hinter dem schlichten, schnörkellosen Titel »Tour 24« verbirgt sich ein facettenreiches, genreübergreifendes Repertoire. Die Bandbreite reicht von Originalkompositionen über Arrangements bis zu eigenen Kompositionen von Hans-Reiner Schmidt.
Voller Liebe
und Sehnsucht

Zu Letzterem gehörte die Uraufführung seiner Komposition »Heroes Of My Life« aus diesem Jahr. Eröffnet wurde die musikalische Matinee mit dem 1995 vom Belgier Jan van der Roost komponierten, wunderschönen Konzertmarsch »Arsenal«. Elegant und festlich machte er mit seinen klangvollen Themen Lust auf weitere Hörerlebnisse. Diese nahmen die Gäste in der Burg mit in die geistlichen Sphären der britischen Heilsarmee. Das vor elf Jahren von Major Martin Cordner komponierte Stück »Fusion« widmete sich einer ernst beginnenden Reise einer gläubigen Seele in den Himmel, wo sie andere Seelen trifft, um sich mit ihnen zu vereinigen. Das Stück klang mit einem fröhlichen Finale aus.
Vom Himmel zurück auf der Erde spielte die »Brass Band Hessen« unter anderem bekannte Melodien aus Film und Musical. Dazu gehörte der romantische Song »Somewhere« über Sehnsucht, Liebe, Verletzlichkeit und Größe aus dem Musical West Side Story von Leonard Bernstein (1957). Die Musiker interpretierten es schwungvoll in einem Arrangement für Blechbläser und Schlagwerk ihres Leiters. Aus dem großen Schatz der Filmmusik hatten die Musiker die großartige Titelmelodie »La Califfa« von Ennio Morricone (1970) aus dem gleichnamigen, mit zahlreichen Preisen ausgezeichneten italienisch-französischen Spielfilm mitgebracht.
Diese Melodien und weitere Stücke bescherten dem Publikum im unverkennbaren Sound der »Brass Band Hessen« neue Hörerlebnisse. Passend zu Sommer, Sonne und Ferien nahm die Band mit auf eine Reise um die Welt. Eine musikalische Station der »Tour 24« war unter anderem Irland. Das Stück »Dublin Pictures« von Marc Jeanbourquin (2011) entführte auf ein Festival, ließ über eine berühmte Brücke schreiten und ein bekanntes Touristenviertel erkunden.
Auch Klassisches
im Programm

Weiter ging es mit »Osterfjorden« von Stijn Aertgeerts (2015) nach Norwegen. Besondere Hör- und Klangerlebnisse bescherte in Afrika das tiefe Brummen und Gebrüll eines Löwen im Stück »Lions of Legends« von Thierry Deleruyelle (2018). Hatte bei »Dublin Pictures« der Flügelhornist mit irischen Genen für den perfekten Sound gesorgt, so verlieh der Schlagzeuger mit seinem selbstgebauten »Löwenbrüllinstrument« dem König der Tiere Stimme und Aufsehen.
Mit »The Four Seasons« von Antonio Vivaldi (1725), arrangiert von Philip Harper (2017), ging es nach Italien. Hier zeigte die »Brass Band Hessen« eindrucksvoll, wie auch mit »Flight Of The Cornet Bee« von Nikolai Rimski-Korsakow (1899) in einem Blechbläser-Arrangement Schmidts, dass sie auch Klassik kann. Nicht fehlen im internationalen Repertoire durfte der feurige Säbeltanz »Sabre Dance Arabic« aus dem Ballett »Gayaneh« des armenischen Komponisten Aram Chatschaturjan (1942). Die markante Rhythmik und farbenprächtige, von der orientalischen Folklore seiner Heimat inspirierte Melodik des Stückes begeisterte alle.
Neben der Uraufführung bei den Burgfestspielen und für Blechbläser arrangierte Stücke bekannter Komponisten hatten die vom Publikum stürmisch gefeierten Musiker noch eine besondere Überraschung im Gepäck. Dabei handelte es sich um ein Schlager-Medley von Udo Jürgens im Blechbläsersound. Arrangiert hat die bekannten Titel ihr Dirigent Hans-Reiner Schmidt, der einst mit Udo Jürgens tourte. Mit ihrem energetischen Mix aus rasselnden Säbeln, brüllenden Löwen und unvergesslichen Melodien erfüllte und übertraf die »Brass Band Hessen« mit ihrer »Tour 24« bei ihrem gefeierten Auftritt in der Wasserburg einmal mehr alle Erwartungen. Von Christine Fauerbach