Schöneck. Drei Stunden lang Lobpreisung und Dankesworte. Das ist nicht einfach auszuhalten für die scheidende Bürgermeisterin Conny Rück (SPD), die – wie ihr Erlenseer Amtskollege Stefan Erb augenzwinkernd bemerkt – Lob nur schwer ertragen kann. Am Donnerstagabend fand der Festakt anlässlich ihrer Verabschiedung im Bürgertreff Kilianstädten statt – mit unzähligen Reden und einem kulturellen Begleitprogramm. Am Sonntag endet Rücks Amtszeit offiziell.
Doch Cornelia Rück – in Schöneck nur als »die Conny« bekannt – findet einen humorvollen Weg, mit ihren Emotionen umzugehen. »Wenn ich in die zahlreichen Gesichter der Gäste schaue, fällt es mir schon schwer, mit ruhiger Stimme ein paar passende Worte zu finden. Doch die wunderbaren Grußworte sind Motivation diese Rede zu halten und angesichts dieser Wertschätzung bin ich schon ein bisschen verlegen – andererseits muss ich auch sagen: Es stimmt alles.«
Ein paar Tränen der Rührung fließen dann aber doch. Vor allem als sich die Rathauschefin bei ihrem Lebensgefährten Jürgen Hahn und ihren beiden erwachsenen Kindern Sabrina und Daniel Rück für die Unterstützung und den Beistand in den vergangenen zwölf Jahren bedankt.
Doch zurück zum Anfang. Vor der großen Abschiedsrede gibt es eine lange Liste von Menschen, die sich von Conny Rück verabschieden wollen. Darunter Landrat Thorsten Stolz, Stefan Erb als Vorsitzender der Bürgermeisterkreisversammlung, Dr. David Rauber vom Hessischen Städte- und Gemeindebund, Staatssekretär Christoph Degen und die neue Bürgermeisterin Carina Wacker (CDU) sowie Vertreter aller sechs Fraktionen, die drei Ortsvorsteher und Klearchos Aliferis vom Ausländerbeirat.
Immer wieder hervorgehoben wird in den Beiträgen Rücks herzliche und empathische Art, mit der sie auch in schwierigen Situationen die »Eisbrecherin« war. »Du bist eine großartige Botschafterin für deine Gemeinde und unglaublich herzlich«, betont Stolz. Viel Lob findet der »neue Stil«, den die scheidende Bürgermeisterin bei ihrem Amtsantritt 2012 in Schöneck etabliert hat. Nach 41 Jahren stand damals das erste Mal in der Geschichte der jungen Gemeinde eine Frau an der Rathausspitze. »Überhaupt nicht autoritär mit der Fähigkeit, Brücken zu bauen«, sagt ihre Nachfolgerin im Amt Carina Wacker. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung sei sie immer mehr Kollegin als Chefin gewesen. Besonders hervorgehoben wird auch die Einsatzbereitschaft und das Engagement der Verwaltungschefin. »Für dich war es nicht nur ein Amt, sondern ein Stück weit dein Leben«, sagt FDP-Fraktionschefin Anke Pfeil. Gernot Zehner (WAS) formuliert es so: »Du warst 25 Stunden am Tag fürs Amt unterwegs und hattest davon fünf Minuten Freizeit.«
Über 20000 Termine wahrgenommen
Matthias Geisler (FWG) hat genauer nachgerechnet. »105 000 Stunden im Dauereinsatz für Schöneck«, bilanziert er. Krank war Conny Rück nur einmal. Das Corona-Virus hat auch um die Rathauschefin keinen Bogen gemacht. Eine Sitzung des Bauausschusses hat sie deshalb nicht wahrnehmen können. Ihr Stellvertreter André Collas (CDU) berichtet, dass er nur insgesamt 30-mal einspringen musste. Dabei habe die Bürgermeisterin bei fünf festen Terminen pro Tag in den zwölf Jahren ihrer Amtszeit mehr als 20 000 Termine wahrgenommen. »Die Mitteilungen des Gemeindevorstands durfte ich kein einziges Mal vortragen«, sagt er. Gemeinsam mit Klaus Ditzel, dem Vorsitzenden der Gemeindevertretung überreicht er der sichtlich bewegten Conny Rück die Entlassungsurkunde.
Das letzte Wort hat die scheidende Bürgermeisterin selbst. »Ich habe mich nach reiflicher Reflexion für einen Neubeginn entschieden, weil ich überzeugt bin, dass es noch ein anderes lebenswertes Leben nach meiner Amtszeit gibt und auf dieses bin ich sehr neugierig«, sagt sie.
Für diesen Abschied gebe es persönliche Gründe, es gebe aber auch Gründe, die sich aus den Anforderungen dieser Zeit ergeben, nämlich nach zwei herausfordernden Amtszeiten für weitere sechs Jahre die Kraft aufzubringen, die unbedingt in dieser Zeit erforderlich sei. »Und somit ist es auch meinem Geburtsdatum geschuldet, dass ich diese Entscheidung getroffen habe – fünf Jahre jünger und ich hätte es ohne Zweifel wieder getan«, erklärt die 67-Jährige unter Beifall der Gäste.
Vermissen werde sie vor allem ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. »Meine zwölf Jahre als Bürgermeisterin waren weitaus mehr als ein Amt, sondern eine gute Gelegenheit, mit engagierten und kompetenten Menschen etwas zu bewegen.« Die spannenden Aufgaben der vergangenen Jahre hätten sie wachsen lassen, aber hätten manchmal auch belastet.
Zum Schluss zitiert sie Katharina von Babin. »Manchmal ist es an der Zeit, sich Zeit zu nehmen.« Die möchte Conny Rück nun dazu nutzen, um das Allgäu zu erwandern. Von ihrer SPD gibt es als Abschiedsgeschenk den passenden Rucksack dafür.
Von Mirjam Fritzsche
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