Bad Vilbel. Die neue Personenunterführung am Bad Vilbeler Südbahnhof sorgt noch vor der offiziellen Eröffnung für Ärger. Jörg-Uwe Hahn, Jens Völker und Hartmut Schrade kritisieren die Planung – besonders die scharfe Kurve. Auch beim ADFC reagiert man verärgert.
Es gibt wohl kaum eine Baustelle, die die Stadt Bad Vilbel in den vergangenen Jahren so beschäftigt hat, wie der Gleisausbau der Deutschen Bahn. Die Strecke vom Süd- zum Nordbahnhof entlang der Kasseler Straße ist zu einer Dauerbaustelle geworden. Die Bauarbeiten für die sogenannten erste Baustufe – die 13 Kilometer lange Strecke von Frankfurt West nach Bad Vilbel – haben bereits 2017 begonnen. Die Planungen laufen wahrlich schon deutlich länger. Rund 26 Kilometer neue Gleise werden dabei verlegt. Ende dieses, Anfang des kommenden Jahres soll die S6 dann endlich auf eigenen Gleisen fahren.
Mit dem Gleisausbau wird auch der Südbahnhof neu gestaltet. Die neue Unterführung ist derzeit im Bau, was sich vom provisorisch errichteten Steg gut beobachten lässt. Auf diesem stehen Jörg-Uwe Hahn (FDP), Jens Völker (CDU) und Hartmut Schrade (CDU). »Das ist eine absolute Fehlplanung«, sagt Schrade mit Blick auf die neue Rampe. »Als leidenschaftlicher Radfahrer fühle ich mich da nicht ernst genommen.« Schrade deutet auf die scharfe Kurve. »Dort kommt ein Lastenfahrrad überhaupt nicht um die Ecke.« Auch andere Radfahrer würden Probleme bekommen, weil sie dieselbe Rampe wie die Fußgänger benutzen. »Das bedeutet, dass gerade morgens, wenn Schüler und Berufsverkehr aufeinandertreffen, geschoben werden muss. Das kann doch nicht Sinn und Zweck des Ganzen sein.« Jens Völker, der auf dem Heilsberg zu Hause ist, sagt: »Schüler, die den Berkersheimer Weg gefahren kommen, müssen hier durch. Die nächste Möglichkeit ist erst viel weiter vorne.« In Frankfurt habe man das Problem anders gelöst. »In Berkersheim soll eine zusätzliche Brücke gebaut werden. Das wäre doch auch hier eine Option.«
Die Bahn verweist auf den Entwurf und die Barrierefreiheit. Eine Sprecherin teilt auf Anfrage mit: »Die neue Personenunterführung wird als Ersatz für die ehemalige Fußgängerüberführung am Haltepunkt Bad Vilbel-Süd und der Unterführung bei der Kläranlage errichtet. Mit der neuen Rampe schaffen wir einen barrierefreien Zugang zu den Bahnsteigen, der vorher in dieser Form nicht vorhanden war.« Aus Rücksichtnahme empfehle man Fahrradfahrern deshalb, vor Benutzung der Rampe abzusteigen. »Grundsätzlich orientieren wir uns mit dem Neubau an dem planfestgestellten Entwurf.« Die nächste Querungsmöglichkeit für Fußgänger und Fahrradfahrer liege außerdem nur rund 350 Meter entfernt unter der Niddabrücke. »Hier führt auch die offizielle Route des Nidda-Radweges entlang.«
ADFC-Sprecher Jochen Waiblinger blickt kritisch auf die Planung. »Die Belange der Radfahrenden sind von der Bahn nicht in adäquater Weise berücksichtigt worden«, bedauert er. Manche Probleme hätte man einfach lösen können. Ein größerer Radius hätte dazu geführt, dass nicht jeder Radfahrer Probleme hätte, um die Kurve zu kommen. »Hätte man die Treppe drei bis vier Meter weiter in Richtung Stadt geplant, um somit Platz für einen Rampenauslauf zu schaffen, hätte man bessere Einsicht der Radfahrenden in den Tunnel ermöglicht. »Jetzt können weder aus dem Tunnel kommende Personen erkennen, ob von der Rampenabfahrt Begegnungsverkehr in Form von Radfahrenden zu erwarten ist, noch können die die Rampe abwärts Fahrenden erkennen, ob sie gleich auf einen aus dem Tunnel erscheinenden Menschen treffen werden.«
Wysocki spricht
Bahn auf Probleme an
Waiblinger bezeichnet das Bauwerk als nicht angemessen. »Dass an solchen Ausführungen, die auf veralteten Planfeststellungsbeschlüssen basieren und weder den technologischen noch den mobilitätspolitischen Veränderungen der vergangenen zehn Jahre Rechnung tragen, festgehalten wird, ist aus unserer Sicht unhaltbar.« Der ADFC wolle deshalb Bürgermeister Sebastian Wysocki ansprechen, wie man gemeinsam mit der Stadt die Situation im Nachhinein verbessern könne.
Wysocki hat sich das Bauwerk selbst angesehen und den Wendekreis als »großes Problem« identifiziert sowie um Nacharbeiten gebeten. Die Bahn habe jedoch mitgeteilt, dass sich das im aktuellen Baufortschritt nicht mehr realisieren lasse. Das Planfeststellungsverfahren wurde 2005 abgeschlossen. Die Beteiligung hierzu erfolgte 1998. Die Stadt hat nach Rückmeldung der DB erneut mit dem zuständigen Mitarbeiter telefoniert. »Er bestätigte, dass selbst bei einem »hartnäckigen Dahinterhersein« von der Stadt, die 180-Grad-Kehre so ausgeführt worden wäre, wie sie planfestgestellt wurde«, teilt Pressesprecher Yannick Schwander mit. »Eine Änderung hätte einen neuen Planfeststellungsbeschluss nach sich gezogen; was die DB nicht gemacht hätte.« Zukünftig laufe der Radverkehr über den Berkehrsheimer Weg über die Rampe durch die Unterführung und komme ebenerdig auf der Niddaseite heraus. »Bezüglich der Wegeführung zur Rampe gibt es noch keine abgeschlossene Planung seitens der Stadt, da es noch keine freigegebene Planung der DB für den Vorplatz gibt«, sagt Schwander. Planungen in Berkersheim sind der Stadt nicht bekannt. »Wir können uns nicht vorstellen, dass sich Radfahrer eine Brücke über die Eisenbahn wünschen. Man sieht am jetzigen Provisorium, welche Abwicklungslängen notwendig sind. Und hier sind die Radien noch enger als bei der Rampe.«
Für Völker, Schrade und Hahn ist das keine befriedigende Lösung. »Es kann nicht sein, dass nur weil etwas vor vielen Jahren so geplant wurde, auch exakt so umgesetzt wird. Man muss sich anpassen«, sagt Schrade. Als passionierter Radfahrer wisse er nicht, ob er lachen oder weinen solle. »Das ist ein Schildbürgerstreich«, betont Hahn. »Die Stadt muss sich überlegen, wie sie künftig mit Radfahrern umgehen möchte.« Von Patrick Eickhoff