Bad Vilbel. In der Woche vor Pfingsten gestalteten zwei in der Szene weltbekannte Graffiti-Künstler zwei Hauswände auf dem Heilsberg neu und verbanden sie zu einem Gesamtkunstwerk.
Der italienische Künstler Francesco Camillo Giorgino, bekannt als Millo, pflegt einen illustrativen Stil, der Frankfurter Künstler Andreas von Chrzanowski, bekannt als Case, einen fotorealistischen Stil. Die beiden Stile verbinden sich auf den Hauswänden zu einem Gesamtwerk: Während an der Alten Frankfurter Straße 28/34 ein fotorealistisch dargestellter Junge in einer illustrativ-architektonischen Umgebung zu sehen ist, ziert die Alte Frankfurter Straße 44/50 ein illustrativ dargestellter Junge in einer fotorealistisch dargestellten Umgebung.
In Szene gut vernetzt
Die beiden Kunstwerke, die ein Gesamtwerk ergeben, sind ein Beitrag zum 75-jährigen Bestehen des Heilsbergs. Die Initiative dafür ging vom Heilsberger Ortsvorsteher Peter Schenk aus, der bei Kurt Liebermeister, Vorsitzender des Bad Vilbeler Stadtmarketings, angefragt hatte. Liebermeister beschäftigt sich seit 2007 mit Graffiti. Dachte er ursprünglich daran, sie zu nutzen, um die wilde Sprayerei einzudämmen, setzt er sie nun gezielt ein, denn Graffiti sind eine Kunst, um Stadtbilder zu gestalten und die Gesellschaft zu kommentieren. Liebermeister wurde zum Graffiti-Experten, der in der Szene gut vernetzt ist und einen guten Ruf genießt.
Zwischen den Künstlern und dem Stadtmarketing sei eine Teamdynamik entstanden, sagt Case. So sind inzwischen an den unterschiedlichsten Orten in Bad Vilbel etwa 30 Graffiti zu sehen. Viele davon von Case, den Liebermeister nun auch für den Heilsberg angefragt hatte. Der sagte sofort zu, denn »es gibt in Bad Vilbel ein tiefes Verständnis für diese Kunst«, wie er sagt. Dieses Verständnis und die Expertise Liebermeisters waren Gründe dafür, dass die GWH Wohnungsgesellschaft, Inhaberin der beiden Häuser, die beiden Wände sofort für dieses Kunstprojekt freigegeben hat – und Liebermeister bei der Auswahl der Künstler und der Motive freie Hand gab.
Liebermeister und die beiden Künstler danken der GWH sehr dafür. Der GWH sei bewusst, dass Gestaltung und Farbe, richtig platziert, positiven Einfluss auf das Umfeld der Häuser habe. Unterstützt und gefördert wird das Projekt von der Stiftung der Sparkasse Oberhessen, der Stadt Bad Vilbel und dem Orgateam, das die Feierlichkeiten anlässlich 75 Jahre Heilsberg koordiniert.
Graffiti findet Gefallen
Wie positiv die neuen Graffiti auf dem Heilsberg aufgenommen werden, zeigte sich schon in der Woche ihres Entstehens. Viele Menschen seien stehen geblieben, hätten den Künstlern zugesehen, Fotos gemacht und ihre Freude an den neu gestalteten Hauswänden gezeigt, berichten Case und Millo.
Und wie zur Bestätigung bleiben bei ihren Worten drei kleine Mädchen stehen, bewundern das Werk und sagen, wie schön sie es finden.
Millo und Case waren beide schon in zahlreichen Ländern auf allen Kontinenten mit ihrer Kunst unterwegs. Kennengelernt haben sie sich auf Tahiti, wo sie damit unter anderem in sozialen Brennpunkten arbeiteten. Der Kulturaustausch zwischen den Künstlerinnen und Künstlern sei wichtig, sagt Case. Eine Zusammenarbeit der beiden war zuletzt 2020 auf einem Festival geplant, das wegen der Pandemie jedoch abgesagt werden musste.
So fanden die beiden jetzt auf dem Heilsberg wieder zusammen, Millo sagte sofort zu, als Case ihn dafür anfragte. Das zeigt die Wertschätzung, die Bad Vilbel in der Szene genießt. Und auch im Umland werde wahrgenommen, welchen positiven Einfluss Graffiti auf das Stadtbild haben können, sagt Liebermeister.
Das Thema beschäftigt Kurt Liebermeister weiter, er hat schon neue Ideen: Führungen – zu Fuß oder mit dem Fahrrad – zu den einzelnen Graffiti in Bad Vilbel, um Interessierten diese in der Stadt sehr präsente Kunstform noch näher zu bringen.
Von Christiane Kauer