Karben. Am Freitagabend um 21.35 Uhr stand es fest: Die Karbener SPD schickt ihren Parteivorsitzenden Jochen Schmitt ins Rennen um den Bürgermeisterposten. Schmitt erhielt mit 53 Ja- der insgesamt 59 abgegebenen Stimmen eine Zustimmung von 89,8 Prozent. Bis unmittelbar vor der Nominierung war offen, wen die Karbener Genossen zum Spitzenmann küren – Schmitt oder Amtsinhaber Roland Schulz. Erst am Freitagmorgen machte die SPD die Vorentscheidung öffentlich: Schulz wolle auf eine zweite Kandidatur verzichten – aus gesundheitlichen Gründen.
Trotz der knapp 90-prozentigen Zustimmung in der außerordentlichen Mitgliederversammlung in Rendel dürfte der neue SPD-Bürgermeisterkandidat Jochen Schmitt unzufrieden gewesen sein. Denn obwohl alle Redner zur Geschlossenheit und für ein klares Signal an die Bürgerschaft aufgerufen hatten, stimmten am Ende doch vier Parteimitglieder gegen ihn, zwei enthielten sich der Stimme.
Dabei hatte Schmitt in seiner Vorstellungsrede für einen neuen Anfang in Karben plädiert. „Die Bürger sind die politischen Gemetzel der letzten Jahre leid“, so der langjährige SPD-Vorsitzende und Stadtrat. Deshalb würden sie zu Recht fordern, dass sich die Politik auf das Wesentliche konzentriere, nämlich auf das Lösen bestehender Probleme zum Wohle der Menschen. Er wolle deshalb zwar ein sozialdemokratischer Bürgermeister sein, aber trotzdem noch ein Bürgermeister für alle Bürger. Deshalb verkündete er auch den Rücktritt vom Parteivorsitz.
Wie schwierig es aber momentan ist, die Reihen geschlossen hinter sich zu vereinen, hatte auch der amtierende Bürgermeister Roland Schulz erfahren müssen. Zu Beginn der Versammlung hatte er noch einmal Bilanz über seine bisherige Amtszeit gezogen – und den Parteimitgliedern klar gemacht, dass er nach dem zweiten Gehörsturz innerhalb nur weniger Jahre aus gesundheitlichen Gründen nicht noch einmal für das Bürgermeisteramt kandidieren wolle.
Er habe während der letzten fünf Jahre viel bewegt und viel erreicht, so Schulz. Allerdings standen die Vorzeichen nicht immer günstig für ihn. Nachdem nach der verlorenen Kommunalwahl im Jahr 2006 nicht nur die Opposition im Parlament seine Amtsführung kritisiert und erschwert hatte, sondern sogar die eigenen Parteimitglieder reihenweise von der Stange gegangen seien, könne und wolle er nun nicht mehr weiterkämpfen.
Dass Schulz nicht nur aus gesundheitlichen Gründen das Handtuch geworfen hat, sondern ihm der Abgang parteiintern nahegelegt wurde, zeigt das Wahlergebnis von Jochen Schmitt. Vier Nein-Stimmen trotz massiver Geschlossenheitsrufe auch vom ehemaligen Bürgermeister Detlev Engel zeigen, dass es zwei Lager in der Karbener SPD gibt.
Wegen der Amtsmüdigkeit oder wegen des angeschlagenen Gesundheitszustandes des Amtsinhabers musste Schmitt in letzter Zeit immer wieder einspringen und die Magistratsposition in der Öffentlichkeit vertreten. Besonders deutlich wurde dies beim Streit um die Rendeler Esche, wo Schmitt zwar die Meinung des Bürgermeisters nach außen vertrat, gleichzeitig aber immer wieder um Ausgleich zwischen den Fronten bemüht war.
Der größte Teil der SPD-Mitglieder schien am Abend mit dem Wechsel an der Kandidatenspitze zufrieden zu sein. „Mit Jochen Schmitt haben wir einen hervorragenden Kandidaten, der stets den Kontakt mit den Bürgern sucht und deshalb auch die großen politischen Herausforderungen in unserer Stadt mit seiner besonnenen und offenen Art bravourös meistern wird“, stellte beispielsweise Rainer Züsch unter dem Applaus der Gäste zufrieden fest.
Wahrscheinlich am 27. September wird die Bürgermeisterwahl stattfinden. Der Gegner aus den CDU-Reihen wird am 2. April gekürt: Entweder Parteichef Guido Rahn oder Fraktionsvorsitzender Mario Beck. Der neue Bürgermeister übernimmt am 1. April 2010 seine neue Aufgabe im Rathaus. Bis dahin wird Schmitt sicherlich sowohl geheiratet haben als auch Vater sein. Auch das verkündete er am Freitag freudestrahlend.