Veröffentlicht am

Mit High-Tech den Kanal inspizieren

Alles auf einen Blick: Die Leitstelle im Kontrollfahrzeug ist hoch technisiert. Foto: Jürgen Schenk
Alles auf einen Blick: Die Leitstelle im Kontrollfahrzeug ist hoch technisiert. Foto: Jürgen Schenk

Karben. Je tiefer man unter die Oberfläche schaut, desto mehr fängt es an, unangenehm zu riechen. Das gilt tatsächlich für Karbens Untergrund, wenn die Kanaldeckel gelüftet werden. Ungeachtet dessen müssen die Abwasserkanäle alle 15 Jahre auf etwaige Schäden oder Hindernisse untersucht werden. Im öffentlichen Raum ist diese Inspektion für die Kanalsammler vorgeschrieben. Damit sind ungefähr drei Meter tiefe Bereiche unter der Straßenoberfläche gemeint, wo mehrere kleine Kanäle in den Hauptschacht münden.
Aktuell wandern Spezialfahrzeuge der Firma MirHof Kanaltechnik aus Offenbach durch das Karbener Industriegebiet und nehmen sich Kanalabschnitt für Kanalabschnitt vor. Im Bereich Dieselstraße und Max-Planck-Straße zeigt eine Kolonne, worauf es bei der Arbeit ankommt. Zunächst wird vom sogenannten Spülfahrzeug aus ein Hochdruckschlauch mit Spülkopf in die dortige Kanalisation eingebracht. Durch die austretenden Wasserstrahlen lösen sich kleine und große Schmutzablagerungen vom Kanalkörper ab. Gleichzeitig wird der Dreck über einen zweiten Schlauch in den Aufnahmebehälter des Fahrzeugs befördert.
Gestochen scharfe
Aufnahmen

Nach dem Reinigungsvorgang startet die eigentliche Inspektion mittels einer High-Tech-Kamera. Während das Gerät langsam durch den Kanal fährt, sendet es gestochen scharfe HD-Aufnahmen von der Karbener Unterwelt. Das ganze Verfahren wird aus einem Kleinbus gesteuert und anschließend direkt ausgewertet. Maximilian Palm vom Unternehmen KSM Umweltdienste berät die Stadt Karben und koordiniert die Arbeitsabläufe. »In Klein-Karben haben wir bis jetzt fünf Kilometer des Kanalsystems inspiziert«, teilt er mit. »Bis Jahresende liegen noch 20 Kilometer vor uns. Dazu sind aktuell zwei Kolonnen mit jeweils zwei Fahrzeugen im Ort unterwegs.«
Damit wäre dann aber erst der Anfang gemacht. Denn klar ist: Nicht nur Klein-Karbens Kanäle sollen überprüft und gegebenenfalls ausgebessert werden, sondern auch die der anderen Stadtteile. Im nächsten Jahr sei dann als Erstes Groß-Karben an der Reihe, kündigt Susanne Czora von den Stadtwerken Karben an. »Danach geht es Stadtteil für Stadtteil weiter. Bis 2024 soll die gesamte Maßnahme angeschlossen sein.«
Große Brocken
im Abwasser

Die Wichtigkeit der Unternehmung sieht man anhand diverser Stücke, die an die Oberfläche gesaugt wurden. Das Reinigungsteam Anton Krasta und Lajos Gödri kann gleich mit einem ganzen Sammelsurium aufwarten. Teilweise sind die Brocken so groß wie gehackte Holzstücke. Woher sie kommen, lässt sich nicht mehr feststellen. Palm und Czora nennen eine ganze Palette von problematischen Materialien im Abwasser. Die Lage der Straße spiele dabei auch eine Rolle. In Bereichen, wo viel gebaut werde, handele es sich häufig um Bauschutt. Doch auch Dinge des täglichen Lebens, wie Katzenstreu oder feuchte Hygienetücher, könnten zu Verstopfungen in den Schächten führen.
Die hochauflösende Digitalkamera leuchtet den Kanalabschnitt taghell aus und erstellt von ihm eine 3D-Innenansicht. »Der Strecke von einem Schachtdeckel zum nächsten beträgt in der Regel 50 Meter«, erklärt Maximilian Palm. »In diesem Bereich kann die Kamera alle Problemstellen aufdecken und dokumentieren.« In früheren Zeiten habe man denselben Vorgang zeitaufwendiger mit Spiegel und Taschenlampenbeleuchtung bewerkstelligen müssen, erläutert der Experte.
Absteigen in den Untergrund müsse man aber nur noch relativ selten. »Die hochmoderne Technologie, die das ermöglicht, ist allerdings sehr kostspielig. Das Kontrollfahrzeug kostet voll ausgestattet eine halbe Million Euro, die Kamera allein mehrere tausend Euro«, rechnet Palm vor. Dass Karbens Kanalisation von den Abmessungen her nicht mit der einer Großstadt mithalten kann, liegt auf der Hand. Dennoch gibt es im Bereich der Kläranlage einen gut zwei Meter hohen Bereich, wo sich ein Mensch aufrecht bewegen könnte. Freiwillig ausprobieren möchte das aber wohl niemand. Von Jürgen Schenk