Bad Vilbel. Ein jeder kennt ihre Songs, doch viele kennen nicht die düstere Hintergrundgeschichte. Die Comedian Harmonists haben die Musikwelt erobert und wurden schließlich Opfer des aufsteigenden Nationalsozialismus. Regisseur Ulrich Cyran und seinem Ensemble gelingt es in der Inszenierung der Burgfestspiele, beide Teile der Geschichte eindrucksvoll zu vermitteln.
Das Bühnenbild kommt dezent daher. Hier hat Bühnenbildnerin Dorothea Mines kein 30er-Jahre-Panorama aufgebaut, sondern sich für weiße Platten entschieden, vor denen fünf schwarze Platten stehen. Hinter diesen erscheint zu Beginn Harry Frommermann (Lukas Benjamin Engel). Er lädt zum Vorsingen ein, denn er hat einiges vor: Die Gründung eines Gesangsensembles, wie es vorher noch keines gab. Nachdem einige eher schrullige Gestalten beim Casting auftauchten, überzeugt Robert Biberti (Jan Henning Kraus) ihn total. Die beiden finden schnell alle weiteren Mitglieder: Ari Leschnikoff (Samuel Meister), Erich Collin (Christian Müller), Roman Cycowski (David Severin) und Pianist Erwin Bootz (Horst Maria Merz).
Das Ensemble zeigt den frühen Probenalltag der noch namenlosen Gruppe. Ein Jahr lang trainieren sie perfekte Harmonien, fünfstimmigen Gesang. Harry Frommermann ist nie wirklich zufrieden und treibt mit seinem Perfektionismus seine Kollegen in den Wahnsinn. Doch alle hegen den selben Traum. Sie wollen das berühmteste Gesangsensemble der Welt werden. Aber der Weg ist mehr als steinig. So hinterfragen immer wieder Mitglieder der Gruppe die Sinnhaftigkeit des Vorhabens. Erich Collin verliert seine Freundin, Harry Frommermann wird wegen des Probenlärms aus seiner Wohnung geworfen.
Einen großen Auftritt
nach dem nächsten
Der Fortgang der Geschichte ist bekannt. Nach einigen weiteren Rückschlägen landen die Comedian Harmonists einen großen Auftritt nach dem nächsten. Sie touren durch Europa und schwimmen plötzlich im Geld. Die Euphorie ist jetzt auf dem Höhepunkt. Dann aber wendet sich das Blatt. Es geht für die »Comedian Harmonists« nicht mehr steil bergauf. Zwar beginnt der zweite Teil des Abends mit einem großen und lang von der Gruppe erwarteten Konzert, doch läuft es den Zuschauern nach Erich Collins Kommentar: »Habt ihr gehört? Adolf Hitler ist zum Reichskanzler ernannt worden«, das erste Mal kalt den Rücken hinunter. Einer der roten Vorhänge wird zum Hintergrund für eine grausige Ansprache eines Nazis (Hendrik Vogt). Er erklärt die Musik wegen der englischen Einflüsse und den drei jüdischen Mitgliedern für »entartet«.
Streit unter
besten Freunden
Die Gruppe darf nicht mehr auftreten, muss sich einen neuen Namen suchen und die jüdischen Mitglieder müssen das Ensemble verlassen. Unter den vormals besten Freunden kommt es zu verzweifelten Streits, Anschuldigungen und einem letzten gemeinsamen Lied, das im Publikum sogar für die ein oder andere Träne sorgt. Hendrik Vogt erklärt dem Publikum diesmal als Erzähler: »Alle Comedian Harmonists überlebten den Zweiten Weltkrieg, konnten aber nie wieder an ihren Erfolg anknüpfen und sind nie wieder zusammen aufgetreten.«
Mit dem Finale der gelungenen Inszenierung und drei Zugaben begeistert das Ensemble die Zuschauer zum Abschluss noch einmal und bekommt dafür starken Beifall.
Von Niklas Mag