Karben. Statt zum Kindergarten sind am Mittwochmorgen in der Vorwoche etwa 40 Eltern mit ihren Kindern zum Karbener Rathaus gekommen. Sie werfen der Stadt vor, nicht genug für eine Verbesserung der Bedingungen für die Erzieherinnen in den städtischen Kitas zu tun. Das sei wohl einer der Gründe für den dauernden Personalwechsel und die ständigen Personalausfälle in den Einrichtungen, vermuten die Eltern. »Leidtragende dabei sind unsere Kinder«, sagt eine der Demonstrantinnen. Ihre beiden Kinder gehen in die Kita Breul, da erlebt sie die Probleme in der eigenen Familie mit. Immer wieder heißt das nämlich für sie, den eigenen Alltag umstellen zu müssen. »Ich bin glücklicherweise selbstständig und kann mir die Zeit einteilen, aber auch nur vorübergehend.«
Das unterstützt eine weitere Mutter, die selbst Erzieherin ist und ihren Namen nicht nennen möchte. »Wir haben zu wenige Fachkräfte in unseren Kitas. Und selbst die wechseln viel zu oft«, beklagt sie. Das liege ihrer Meinung nach daran, dass zu viele Aushilfskräfte eingestellt würden, denen es an jeglicher pädagogischen Ausbildung mangele.
Unter den Demonstranten ist auch ein Erzieher. »Ich habe mich auch mal hier in Karben um eine Erzieherstelle beworben, da ich mit meiner Familie hier wohne«, erzählt Cedil Gunay. Doch weder das angebotene Gehalt, noch die Arbeitsbedingungen hätten ihm damals zugesagt. »In Karbens Kitas gibt es einfach zu viele unqualifizierte Aushilfskräfte.« Jetzt arbeite er in Bad Homburg, weil er dort selbst nach Abzug des Fahrgeldes mehr verdiene und darüber hinaus auch noch einen angenehmeren Arbeitsplatz mit ausreichend vielen qualifizierten Kolleginnen habe.
Sabine Menzel ist Mutter und beklagt ebenfalls die schwierigen Arbeitsbedingungen in den Karbener Kitas. »Ich weiß, es gibt allgemein zu wenig Personal, doch dann muss die Stadt halt mehr Anreize schaffen wie preisgünstige Wohnungen, bessere Weiterqualifizierungsmaßnahmen oder Jobtickets«.
Bürgermeister Guido Rahn (CDU) kann den Unmut unter den Eltern teilweise verstehen. Allerdings sei es nicht nachvollziehbar, wenn Eltern behaupten, dass Karben sich nicht um Abhilfe bemühe und die Stadt mehr Erzieherinnen verliere als hinzugewinnen würde. »Wir haben seit Anfang des Jahres zwölf Vollzeitstellen mit Fachkräften besetzen können. 86 der insgesamt 130 Erzieherinnen und Erzieher sind damit vollausgebildete Fachkräfte«, erklärt Rahn.
Die Stadt biete 772 Betreuungsplätze in ihren acht städtischen Kitas an. Hinzukommen noch einmal fast 250 Plätze in kirchlichen Einrichtungen. Der Zuschussbedarf für die Stadt betrug 2020 etwa 6,5 Millionen Euro, 2021 waren es 6,8 Millionen und in diesem Jahr wird mit einem Zuschuss aus dem städtischen Etat von sogar 7,2 Millionen Euro gerechnet.
»Und trotzdem können wir mit den Konkurrenzangeboten wie beispielsweise in Frankfurt nicht mithalten«, ärgert sich der Bürgermeister über so manchen »Abwanderer« aus finanziellen Gründen. Rahn wendet sich aber auch gegen die Behauptung, dass die Stadt nicht genug tue, um mehr Personal für die Kitas zu gewinnen. »Schließlich verbessern wir laufend unsere Angebote für Erzieherinnen, so durch freie Nutzung des Hallenbades oder durch Jobtickets.« Weitere Maßnahmen seien geplant, wie ein verbessertes Fortbildungsbudget oder Zusatzkräfte zur Entlastung der Erzieher und Erzieherinnen. Inzwischen bilde die Stadt verstärkt aus. Aktuell sind es 18 Ausbildungsplätze. Daher hofft Rahn schnelle Besserung der Situation, weist aber darauf hin, dass Hauptursache für die Personalnot in den Kitas der Bund sei, der die Kleinkinderbetreuung ab einem Jahr beschlossen hat, ohne für genügend Fachkräfte zu sorgen. Rahns Fazit: »Wir müssen es ausbaden.«
Von Jürgen W. Niehoff