Bad Vilbel. Wo noch im Oktober vorigen Jahres die letzten Reste der alten Logistikhalle beseitigt wurden, ist inzwischen ein Stahl-Gerippe 20 Meter in die Höhe gewachsen. 16 Millionen Euro kostet das neue voll automatisierte Regallager-System des Hassia-Mineralbrunnens im Bad Vilbeler Gewerbegebiet Rosengarten nach Firmenangaben.
Notwendig geworden sei das neue Lager wegen des ungebrochenen Trends zur Einweg-Verpackung, erklärt Hassia-Marketing-Chef Ullrich Schweitzer. Die Einweg-Verpackung sei im Gegensatz zu Mehrweg-Kisten nicht übereinander stapelbar. Die Einweg-Ware habe deshalb bisher wenig platzsparend nebeneinander gelagert werden müssen.
Die Anlage ist nach Angaben von Projektleiter Stefan Marhold schon zu drei Vierteln fertiggestellt. Ende Februar soll ein erster Teil bereits probehalber in Betrieb genommen werden. Ende April sollen die Arbeiten beendet sein. Dann können dort auf 8400 Quadratmetern und acht Ebenen vollelektronisch 38 000 Paletten bewegt und gelagert werden. Jede enthält 480 Liter-Flaschen – insgesamt 18,24 Millionen Flaschen.
80 Bauarbeiter sind derzeit ständig im Einsatz, die Hälfte von ihnen sind Industriekletterer einer Firma aus dem Sauerland, welche die Halle von der Statik bis zur Montage betreut. Die Kletterer seilen sich von oben ab, um Seitenteile und Verstrebungen zusammenzufügen.
Im Gegensatz zum herkömmlichen Gerüstbau sind die Industriekletterer viel flexibler, können auch an schwer zugänglichen Stellen arbeiten. Erfunden wurde die Industriekletterei vor etwa 35 Jahren in England. Die Errichtung, Wartung und Sanierung der Bohrinseln in der Nordsee bewog britische Alpinisten, mit Seiltechniken zu arbeiten. Erst seit 1997 können Industriekletterer auch eine anerkannte Ausbildung absolvieren.
An der Baustelle Im Rosengarten bahnen sie sich ihren Weg durch 2000 Tonnen Stahl, verteilt auf enge, jeweils zwei Meter hohe Passagen. Die Kälte mache ihnen nichts aus, so Marhold – auch wenn die Männer wegen des eiskalten Stahls „zwischendurch immer wieder die Finger aufwärmen müssen“.
Die Baustelle selbst liege nur drei Tage hinter dem Zeitplan, der erste Kran werde schon in den nächsten Tagen abgebaut. Obwohl dort Kabinen zu sehen sind, werden die Kräne auf der Hassia-Baustelle ferngesteuert. Der Kranführer kann sie direkt von der Baustelle inmitten des Stahl-Labyrinths zentimetergenau dirigieren.
Tiefbauarbeiten sind nicht erforderlich, weil die neue Halle auf dem 50 Zentimeter tiefen Fundament der alten Halle steht – und im vorderen Bereich von der Fläche her sogar kleiner ausfällt. Schließlich sei sie auch nur knapp halb so hoch wie das einst mit 35 Metern geplante Stada-Hochregallager in Dortelweil-West. Am meisten freut sich Projektleiter Marhold darüber, „dass in der ganzen Zeit kein Unfall passiert ist“.
Und Hassia-Prokurist Schweitzer erinnert sich mit Staunen daran, wie rasch das gesamte Abbruchmaterial der alten Halle noch vor Ort geschreddert und weggeschafft worden sei. Materialien wie Stahl, Kupfer oder Kunststoffe seien beim Abbruch gleich aussortiert worden, „wohingegen früher einfach alles auf eine Deponie geworfen worden wäre“.