Bad Vilbel. Neugierige Jungferkel flitzen über den Hof, Hühner picken auf der schneebedeckten Wiese und opulente Milchkühe übernachten im offenen Außenstall. Von Winterschlaf kann auf dem Dottenfelderhof (Dotti) in Bad Vilbel keine Rede sein. In der dunklen Jahreszeit gibt es dort genauso viel zu tun wie im Sommer. 125 bis 135 Menschen sind auf dem Öko-Bauernhof und im Hofladen beschäftigt – im Sommer sind es gerade mal fünf, sechs Praktikanten mehr.
Von weitem hört man schon, womit der Obstbauer Albrecht Denneler beschäftigt ist: dem Schnitt der Gehölze. Die sind rings um den Dottenfelderhof über zehn Kilometer lang. Denneler und seine drei Helfer schaffen gerade mal knapp 840 Meter pro Jahr. „Ein typisches Wintergeschäft“, so Geschäftsführer Martin von Mackensen. Sorgfältig zurückgeschnitten werden etwa 20 Baumarten, die das ganze Jahr über für Vielfalt am Feldrand sorgen. „Wir wollen keine Monotonie auf dem Acker“, so Denneler. Und von Mackensen deutet auf das nahe Nidda-Ufer, wo der Kreis die Pappeln großräumig einfach abgeholzt habe, statt den Bestand zu pflegen und zurückzusetzen.
Die Sträucher dienen zur Windberuhigung auf dem Feld, sind Refugium für Kleintiere wie Hase und Mauswiesel. Weißdorn-Beeren bieten Vögeln Winterfutter. Jetzt sprießen bereits erste Weidekätzchen, die auch die erste Anlaufstelle sind, wenn bei Temperaturen über zehn Grad Ende Januar, Anfang Februar die acht Bienenvölker des Dottenfelderhofes auszuschwärmen beginnen.
Die Sträucher geben nicht nur Laub und Humus. Ihr Kleinholz wandert seit Dezember auch in ein kleines neu gebautes Holz-Heizkraftwerk, mit dem nun bis zu 80 Prozent des winterlichen Wärmebedarfs gedeckt werden können, erläutert von Mackensen.
Am Wegesrand türmen sich lange Holzstapel, die der Dottenfelderhof seit mehr als 20 Jahren bei der Gehölzpflege im Stadtwald sammelt. 100 bis 200 Raummeter fallen jährlich an. Sie lagern drei Jahre, bis die Feuchtigkeit aus den Fasern verschwunden ist. Dann wird mit dem wertvollen Buchen- und Eichenholz ab drei Uhr an jedem Werktag der Brotbackofen geheizt. Nur zur Mittagsfütterung und dem nachmittäglichen Melken bleiben die 80 Milchkühe im geschlossenen Stall. Ansonsten gehen sie in ein überdachtes Freigehege. Temperaturen bis minus zehn Grad seien für sie kein Problem, erklärt von Mackensen: „Die dämpfige Stall-Luft ist nichts, das ihnen gut tut.“ Einschränkungen gibt es nur auf dem Winterspeiseplan, der sich auf Heu und Futterrüben reduziert.
Auch die sechs Wochen alten Jungferkel, die Paul Amerbacher hütet, flitzen ein, zwei Stunden täglich neugierig auf dem Gelände herum, stibitzen Heu vor den Ställen. Die ausgewachsenen Säue sind keine Stallhocker, „sie müssen raus, sonst werden sie krank“, so von Mackensen, ebenso wie die Hühner, die rund um ihr Hühnermobil scharren, und auch die Zugpferde, die auf dem Feld weiden, die Rücken mit Decken geschützt.
Die Landwirte nutzen die Winterzeit für viele Erledigungen. Nun ist Zeit für Geräte-Reparaturen. Und dann ist da noch die Bürokratie. Der moderne Landwirt muss ein Allround-Talent sein. Lange Anträge und Dokumentationen müssen erstellt werden, um Fördergelder zu erhalten.
Die Zucht neuen Saatgutes fängt schon im Dezember an, sagt Stefan Klause, der Getreide-Saatgut in der Petri-Schale ansetzt, um zu sehen, wie üppig es keimt. Im März muss die Sommersaat aufs Feld. Gemüsezüchter Dietrich Bauer beschäftigt sich mit Möhren- und Kohl-Sorten.