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Corona hat uns hart getroffen – Bürgermeister Stöhr blickt dennoch optimistisch ins zweite Halbjahr 2020

Bürgermeister Thomas Stöhr ist nicht bange vor der Zukunft. Foto: Eickhoff
Bürgermeister Thomas Stöhr ist nicht bange vor der Zukunft. Foto: Eickhoff

Bad Vilbel. Die Vorfreude auf den Hessentag war groß in Bad Vilbel. Dann kam Corona. Das große Landesfest musste abgesagt werden. Ebenso die Burgfestspiele und der Vilbeler Markt. Die Einnahmen aus der Gewerbesteuer gehen drastisch zurück, große Bauprojekte wie die Therme sind etwas ins stocken geraten. Dennoch blickt Bürgermeister Thomas Stöhr optimistisch in die Zukunft, wie er im Interview mit Redakteur Patrick Eickhoff deutlich macht.

Herr Stöhr, hat Corona die Quellenstadt noch schlimmer erwischt als andere Städte?
Das Jahr 2020 war zu großen Teilen ganz anders geplant. Wir haben uns natürlich auf einen Hessentag vorbereitet, der zu 99,9 Prozent vertraglich wie planerisch fertig war. Dann traf uns Corona. Das war ein harter Schlag. Denn wir sind eine Stadt, die viel für die Kultur und für Veranstaltungen unternimmt. Wenn sie die besucherstärksten Festspiele in Hessen haben, dann wird deutlich, wie sehr uns das alles fehlt.

Viele Bad Vilbeler waren sehr enthusiastisch und  mit großem Engagement dabei, wenn es um den Hessentag ging. Wie ist die Stimmungslage jetzt?
Ich war positiv überrascht, wie viele Bürger hinter unserem Konzept des Hessentags standen und sich engagiert haben. Mich erreichten nahezu ausschließlich Stimmen, die die Absage für richtig halten, es aber doch bedauern.

Wie sieht es denn mit einer Bewerbung für den Hessentag 2025 aus?
Wir prüfen nach den Gesprächen mit der Landesregierung die Option einer Bewerbung. Hintergrund ist, dass wir mit vielen Partnern, der Politik, den Fraktionen und den Bürgern reden. Wir haben bereits erste Willensäußerungen wahrgenommen. Dennoch muss das alles gut überlegt sein. Eine Prüfung kann nicht nur auf Basis der Stimmungslage laufen. Wir müssen auch schauen, zu welchen Rahmenbedingungen das alles möglich ist.

Welche Rahmenbedingungen wären das?
Die Landesregierung würde uns wieder die gleichen Konditionen zusprechen, die auch für andere Hessentagsstädte gelten. Das heißt, wir könnten mit einem Zuschuss von bis zu 8,5 Millionen Euro rechnen. Wobei natürlich der größte Teil wieder in die Infrastruktur gehen müsste. Das ist ein positiver Parameter, den wir mit der Bevölkerung und den Fraktionen besprechen müssen.

Die 8,5 Millionen Euro Bezuschussung dürften Ihnen gelegen kommen, da Sie kürzlich von einem deutlichen Einbruch der Gewerbesteuereinnahmen berichteten.
Wir haben deutschlandweit drastische Einbrüche bei dieser Steuer. Bei uns ist das eine ganz wichtige Einnahmequelle. Wir rechnen derzeit mit 16,4 Millionen Euro Einnahmen. Im vergangenen Jahr haben wir über die Gewerbesteuer 29,5 Millionen eingenommen und im Haushalt vorsichtig mit 23,5 Millionen geplant. Das trifft uns sehr hart. Auch die Lohn- und Einkommensteuereinnahmen werden zurückgehen. Die Auszahlung fürs zweite Quartal erfolgt Ende Juli.

In Bad Vilbel sind zahlreiche Bauprojekte nicht nur in Planung, sondern auch in Arbeit. Die Stadthalle wird gebaut, das Kurhaus saniert, und auch ein Hotel wird dort gebaut. Wie steht es um diese Projekte?
Die sind alle weitestgehend im aktuellen Doppelhaushalt mit drin. Selbst wenn es mit der Verabschiedung des Haushaltes Probleme geben würde, wovon ich nicht ausgehe, gibt es nach der hessischen Gemeindeverordnung für bereits begonnene Projekte Erleichterungen im Rahmen der Finanzierung, damit diese abgeschlossen werden können. Und wir haben in den vergangenen Jahren gut gewirtschaftet, haben unter anderem deutlich mehr Guthaben als Schulden. Das hilft!

Wirft Corona die Stadt Bad Vilbel  im Zuge der Großprojekte wie der 200-Millionen-Euro-Therme zurück?
Ich glaube, dass sich die Stadt  Bad Vilbel in den vergangenen Jahrzehnten auch ein Stück dadurch ausgezeichnet hat, solche großen und zukunftsweisenden Projekte anzugehen. Da ist zum Beispiel die Innenstadtentwicklung, die wir versuchen, wirklich Schritt für Schritt nach einem bestehenden Plan zu realisieren. Ob die Neue Mitte mit der Bibliothek, die Aufwertung mit dem Römer-Mosaik, die Radwege und jetzt die andere Seite mit Stadthalle, Kurhaus und Hallenbad. Ich glaube, das sind wichtige Grundsatzüberlegungen, die man nicht so schnell über Bord werfen sollte. Vor diesem Hintergrund bin ich weiterhin überzeugt, dass es der richtige Weg ist, ein solches Schwimmbad mithilfe eines privaten Investors zu errichten und zu führen, der es an vielen Stellen in Deutschland bewiesen hat.

Der Brandbrief der Wund-Gruppe hat vor allem die Oppositionen auf den Plan gerufen. Hatten Sie ständig Kontakt mit den Verantwortlichen?
Selbstverständlich. Ein besonderes Anliegen als Bürgermeister war mir, dass die Gruppe in einer öffentlichen Bürgerversammlung im Dezember 2019 ein klares Bekenntnis zum Standort gegeben hat. Es ist wichtig, in Kontakt zu stehen. Wir arbeiten auf einer vertrauensvollen Grundlage zusammen.

Wie optimistisch sind Sie?
Ich habe mit allen Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen gesprochen, in deren Bereichen diese Gruppe tätig ist und mir vieles angeschaut. Ich bin nur auf positive Erfahrungen gestoßen. Ich glaube, dass das wirklich ein rundes Paket ist. Niemand kann in die Zukunft schauen, aber wenn ich sehe, wie intensiv die Wund-Gruppe an dem Bauantrag arbeitet, bin ich sehr optimistisch.

Eine Therme dieser Größe wäre in der Region einzigartig.
Wenn Sie sehen, was einst die Therme Erding für die Gruppe dargestellt hat, also in einem Ballungsraum ein attraktives Bad zu haben für viele Bereiche, dann glaube ich, dass dies ebenfalls in unserer Region sehr attraktiv ist. Auch mittelfristig spielt das eine Rolle.

Was meinen Sie mit mittelfristig?
Die Frage ist, ob man künftig noch die ganz großen Fernreisen oder lieber bestimmte Wellnesstage vor Ort macht. Ich glaube, das ist ein Thema, das auf uns zukommt. Und davon können wir profitieren.

Therme, Segmüller, Smart City. In Bad Vilbel tut sich einiges. Das bringt alles auch Verkehr mit sich. Befürchten Sie einen Kollaps?
Die Stadt Bad Vilbel war und ist immer noch die Stadt, die sich vorbildlich und sehr zeitnah um den Verkehr gekümmert hat. Diesen Anspruch haben wir auch weiterhin.
Wir waren auch die ersten, die die neue B 3 und die Nordumgehung umgesetzt haben, während andere noch heftig gegen diese Straßen protestiert haben.

Dennoch wird es vermutlich mehr Verkehr geben?
Wir haben die Berechnung in Hinblick auf Segmüller vorgelegt. Wenn wir dort ein normales Gewerbegebiet umsetzen würden, hätten wir im Berufsverkehr wesentlich mehr Verkehr. Smart City hat ein sehr zukunftsorientiertes Konzept. Ein großer Vorteil ist, dass wir das Gebiet Quellenpark direkt am Bahnhof gebaut haben. Auch den haben wir schon immer gefördert. Das dritte und vierte S-Bahn-Gleis geht wieder erst einmal nur bis Bad Vilbel. Wir werden uns weiter dem Thema Verkehr annehmen, aber es kann auch nicht sein, dass wir Gebiete, die wir in der Entwicklung haben, die unsere Stadt voranbringen, aufgeben müssen. Ich glaube, davon würden unsere Bürger nicht profitieren. Ganz im Gegenteil.

Also sehen Sie dabei keinerlei Probleme?
Es wird Herausforderungen geben. Ich will das nicht schönreden, aber wir sind zuversichtlich, dass wir diese, wie in der Vergangenheit, lösen können.

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