Bad Vilbel/Karben. Ziel der Mehrwertsteuersenkung bis Jahresende ist es, den Konsum zu stärken. Die Händler und Dienstleister sollten die niedrigere Mehrwertsteuer an die Verbraucher weitergeben, sodass Waren und Dienstleistungen billiger werden. Die Unternehmen sind hierzu jedoch nicht verpflichtet, wie die Bundesregierung mitteilte. Wie gehen die Firmen in Karben und Bad Vilbel mit der Senkung um?
Für die porta-Unternehmensgruppe erklärt Pressesprecher Holger Wetzel zur Mehrwertsteuerthematik: »Wir geben die drei Prozent an unsere Kunden selbstverständlich weiter, wobei wir darauf hinweisen möchten, dass wir regelmäßig Aktionen und Angebote für unsere Kunden bereithalten, die kostensparender sind als diese drei Prozent. So schenken wir mit unserem »porta Konjunkturpaket« unseren Kunden bereits seit dem 29. Juni die Mehrwertsteuer.« Sigrid Zumpe von »Gartenbau Zumpe« in Karben sagt: »Ich mache gar nichts. Wenn jemand darauf besteht, dann kommen wir ihm entgegen. Der Preis für ein Samenpäckchen liegt in der Regel zwischen 99 Cent und 1,99 Euro. Statt sieben Prozent könnten wir jetzt nur fünf Prozent Mehrwertsteuer berechnen. Im Grunde müssten wir im Hochsommer eine Preiserhöhung bei unseren Pflanzen machen. Drei Mitarbeiter gießen täglich die zum Verkauf stehenden Pflanzen. Die Wasserkosten tragen wir, geben sie auch nicht an unsere Kunden weiter. Zurzeit ist keine Pflanz- und Setzzeit. Senken werden wir die Mehrwertsteuer im Herbst, wenn die neue Ware kommt, bei großen Pflanzeneinkäufen. Die Kassen sind bereits eingestellt.« Vielen Kunden fehle unter anderem aufgrund der Kurzarbeit das Geld für große Investitionen.
Neue Kassen kosten Händler viel Geld
Eva Bovet von »Zeit fürs Bett« der Betten Raab GmbH in Karben sagt: »Wir haben jeden Preis um 2,5 Prozent gesenkt. Wir geben in allen Bereichen die Mehrwertsteuersenkung an unsere Kunden weiter. Bei Kleinstbeträgen lohnt es sich nicht, aber wir haben meist höhere Beträge, da freuen sich die Kunden. Vielleicht investiert der eine oder andere, der nicht in den Urlaub fährt, in einen gesunden Schlaf und ein schönes Zuhause.«
Die Umstellung des Kassensystems im stationären Handel und im Onlineshop habe sie bisher rund 1000 Euro gekostet, sagt Bovet. »Den Handel kostet die Aktion nur Geld. Auch wir haben seit Ausbruch der Pandemie herbe Verluste zu verzeichnen. Die jetzige Reduzierung ist zu gering, um einen hohen Kaufanreiz zu bringen. Ich bin sehr skeptisch, ob dies den gewünschten Effekt hat.«
Eine bessere organisatorische Lösung sieht die zertifizierte Schlafberaterin in Städten und Gemeinden, in denen die Bürger Waren- oder Einkaufsgutscheine erhalten haben.
Peter Hüschen vom gleichnamigen Herrenmodegeschäft in Bad Vilbel erklärt: »Wir geben die drei Prozent nicht weiter, weil wir uns gerade in der Reduzierung befinden, und die deutlich höher liegt.« Einen Vorteil von dieser Aktion hätten vor allem Konzerne.
Rewe stellt System vollautomatisch um
Christoph Strauß, Marktleiter bei Rewe-Fuchs in Groß-Karben sagt: »Alle Rewe-Läden, die wie unser Markt elektronische Preisetiketten haben, wurden vollautomatisch umgestellt. Wir hatten dadurch im Markt keine zusätzliche Arbeit, weil wir keine Papieretiketten mehr verwenden.« Rewe senkt die Preise bei vielen Warengruppen und Artikeln »deutlich und dauerhaft über die Mehrwertsteuersätze hinaus«.
Uwe Völkel vom Hyundai-Vertragshändler Autohaus Beate Bredler-Völkel in Bad Vilbel, erklärt: »Bei uns gibt es im Fahrzeugverkauf und auch bei Ersatzteilen und Zubehör seit dem 1. Juli alles zum reduzierten Mehrwertsteuersatz. Unsere Computer- und Kassensysteme wurden bereits früh umgestellt.« Er ist sich sicher: »Die Senkung wird auf jeden Fall zu einer Belebung des Geschäftes beitragen.«