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Ein »brutal starkes Zeichen«

Konfirmation in anderen Zeiten: Weil sie unbedingt eingesegnet werden wollten, sind acht Jugendliche aus Burg-Gräfenrode und Okarben am Samstag in einem Gottesdienst im Kirchgarten in Burg-Gräfenrode von Pfarrvikar Kristian Goletz (rechts) konfirmiert worden. Mit dabei war auch Pfarrer Eckhart Dautenheimer. Foto: Kötter
Konfirmation in anderen Zeiten: Weil sie unbedingt eingesegnet werden wollten, sind acht Jugendliche aus Burg-Gräfenrode und Okarben am Samstag in einem Gottesdienst im Kirchgarten in Burg-Gräfenrode von Pfarrvikar Kristian Goletz (rechts) konfirmiert worden. Mit dabei war auch Pfarrer Eckhart Dautenheimer. Foto: Kötter

Karben. Die normalerweise im Mai terminierten Konfirmationen sind der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen – zunächst. Nun sind die Jugendlichen aus Okarben und Burg-Gräfenrode voranmarschiert: Auf eigenen Wunsch hin wurden sie kürzlich am Samstag als erste Mitglieder der neuen Karbener Gesamtkirchengemeinde konfirmiert.
Schon der Tesafilm-Streifen zeigt, dass an diesem Nachmittag alles ein wenig anders ist als geplant. Geduldig verteidigt er die Liedzettel gegen jede Windböe, bis sich die Gottesdienstbesucher eingefunden haben. Hier und da neigt sich ein Stuhl ein wenig zur Seite, bohrt sich – genau wie die Absätze der Damen – in den weichen Boden. Und spätestens, als der Wind den Gesang von Gabriela Helfrich durch den Roggauer Pfarrgarten trägt, steht fest: Dieser Gottesdienst ist ein ganz besonderer.
Denn Dorian Bienert und Till Hallmann aus Okarben sowie Moritz Bär, Ben Fischer, Robert Kubicki, Paulina Leinweber, Joy Mütz und Lorena Schubert aus Burg-Gräfenrode werden an diesem Nachmittag unter freiem Himmel konfirmiert. Sie sind die ersten Konfirmierten der neuen evangelischen Gesamtkirchengemeinde Karben.
Dass »ihr« Gottesdienst ein so besonderer ist, ist nicht zuletzt besonderen Zeiten geschuldet. Denn die Konfirmationen, die für gewöhnlich Anfang Mai im Kalender stehen, mussten wegen der Corona-Pandemie bundesweit verschoben werden.
Anders vorgestellt
In vielen Gemeinden – und auch in den anderen Stadtteilen Karbens – ist die Haltung noch abwartend, es wird auf den Herbst gesetzt. »Wir haben uns das alle anders vorgestellt«, sagt Vikar Kristian Goletz, der die zwei Freiluftgottesdienste des Nachmittags hält – die achtköpfige Gruppe wurde geteilt, um die Besucherzahlen in Grenzen zu halten. »Weniger Abstand, mehr Gäste« war der Wunsch. Dass sich die Jugendlichen dafür entschieden hätten, ihre Konfirmation jetzt feiern zu wollen, sei ein »brutal starkes Zeichen« gegen Corona, sagt Goletzt. »Ihr sagt heute laut Ja zu Gott – und gleichzeitig Nein zur Angst vor Corona.«
Tatsächlich wollten die Jugendlichen aus Burg-Gräfenrode und Okarben nicht warten bis zur neuen Normalität nach der Pandemie. »Ihnen war wichtig, diesen Lebensabschnitt sauber zu beenden und zu feiern«, erklärt Ina Lauster-Ulrich vom Kirchenvorstand.
Bereits seit März habe es keinen Konfirmationsunterricht mehr gegeben. »Er wurde abrupt abgebrochen«, erklärt Goletz. Erst durch Corona, dann durch die erneute Verletzung von Pfarrer Eckart Dautenheimer, der für den Gottesdienst gute Wünsche an die Konfirmierten übermitteln ließ. Als Gruppe habe man sich schließlich auf den 4. Juli verständigt. »Die Eltern haben das sehr unterstützt«, sagt Lauster-Ulrich.
Gemeinsam mit ihren Kirchenvorstandskollegen Wilfriede Allemann und Tillmann Frommhold hat sie dafür die zwei Gottesdienste im Freien möglich gemacht. Trotz der zum Teil nötigen Improvisation hat das Team einen »feierlichen Rahmen« geschaffen, lobt Lauster-Ulrich. Für die besondere Stimmung sorgten Gabriela Helfrich und Robert Krebs am E-Piano.
Zweitrangig
Das haben so auch die Jugendlichen selbst empfunden. »Für uns war es am Ende zweitrangig, ob wir in einer Kirche gefeiert haben oder unter freiem Himmel. Der Gottesdienst war rundum schön«, sagt Lorena Schubert. »Wir sind einfach nur froh, diesen Tag mit unseren Familien feiern zu können.«
Die jungen Gemeindemitglieder haben nicht nur mit ihrer Feier ein Zeichen gegen Corona gesetzt. Die Kollekte des Tages geht nach Amritsar in Indien, dem am drittstärksten betroffenen Land der Pandemie. Ein Projekt der Partner-Diözese des Dekanats Wetterau hilft dort gestrandeten Saisonarbeitern mit medizinischer Versorgung und Lebensmitteln – was die Jugendlichen als Teil ihres ganz besonderen Tages unterstützen möchten.