Karben. Karben möchte gerne Mittelzentrum werden. Dazu müsste das Land die Stadt aber heraufstufen. Doch daraus dürfte nichts werden, denn der Entwurf des neuen Landesentwicklungsplans sieht Karben als »Stadt mit geringer Bedeutung«. Zusammen mit anderen Städten wird nun eine Klage gegen das Land vorbereitet.
»Die bisherige und für die finanzielle Ausstattung der Kommunen und Landkreise wichtige Einteilung in 318 Grund-, 95 Mittel- und 10 Oberzentren bleibt bestehen.« So steht es im Entwurf des neuen Landesentwicklungsplans. Würde der Plan so umgesetzt, bliebe die Stadt Karben ein Grundzentrum. Damit würde sie vom Land genauso viel Geld erhalten bisher.
Das aber ist dem CDU-Bürgermeister und Stadtkämmerer Guido Rahn zu wenig. Seit Jahren betont er, die Stadt verfüge über Einrichtungen, die auch für Bürger außerhalb Karbens von Bedeutung sind. Denn: Ein Mittelzentrum hält Einrichtungen vor, die nicht nur für die eigenen Bürger von Bedeutung sind, sondern auch für die der Nachbarstädte. Seit Jahren schon verlangt die Stadt eine Höherstufung. Denn, so hat der Kämmerer errechnet, das würde rund 3,8 Millionen Euro mehr in die Stadtkasse spülen.
Andere Kommunen würden auch gern hochgestuft werden, beispielsweise die Nachbarstadt Nidderau. Deren SPD-Bürgermeister Gerhard Schultheiß weiß Guido Rahn an seiner Seite. Vor Jahren schon haben die Nachbarstädte vereinbart, sich mit anderen Kommunen zusammenzutun, um eine Höherstufung notfalls vor den Gerichten zu erzwingen. Inzwischen wurden gleichgesinnte Kommunen gefunden: Neu-Anspach, Riedstadt, Dauphtetal und Kriftel sind nun mit im Boot. Die Stadt hat inzwischen laut Rahn ein Gespräch mit einem Juristen geführt, der die Kommunen bei einer Klage gegen das Land Hessen vertreten würde.
Eine Klage ist seit der Offenlage der Entwurfsunterlagen wahrscheinlich geworden. Denn die Hessen Agentur, die als Basis für den Entwurf des neuen Landesentwicklungsplans einen Kriterienkatalog angelegt hat, hat Karben als Stadt mit geringer Bedeutung eingestuft. Das will sich die Stadt nicht gefallen lassen. Teile der Infrastruktur in Karben seien zu gering oder überhaupt nicht bewertet worden, informierte Bürgermeister Rahn die Stadtverordneten während der jüngsten Sitzung. »Bisherige Kriterien wie Kino oder der zweite Bahnhaltepunkt (in Okarben, d. Red.) werden im Vergleich zur Vorstudie nicht mehr herangezogen.«
Weniger Einwohner
Man erfülle »nahezu vollständig die kennzeichnenden Funktionen eines Mittelzentrums«, heißt es in einer Stellungnahme der Stadt zur Fortschreibung des LEP. Ausführlich hat Karben dargelegt, welche Kriterien sie genau erfüllt. So schreibt der LEP vor, dass im zentralen Ortsteil 7000 Menschen wohnen müssen. Die Stadt bezeichnet die Stadtmitte mit Groß- und Klein-Karben sowie Kloppenheim als Zentrum. Deren Einwohnerzahl liege bei 13 000. Es gebe zudem eine hohe Bevölkerungsdynamik auf, mit fünf Prozent Wachstum auf 23 000 Einwohner sei zu rechnen. Das Land selbst stuft die Stadt dagegen anders ein: Deren Einwohnerzahl sinke von 22 127 Bürgern im Jahr 2018 auf 22 000 im Prognosejahr 2035.
Rahn weiter: Die Stadt Karben sei hinter den Mittelzentren Bad Nauheim, Bad Vilbel und Friedberg der viertgrößte Arbeitgeber im Kreis. Man verfüge mit Bad Nauheim über die höchste Arbeitsplatzdichte. Auch bei Bildung und Kultur würden alle Kriterien erfüllt. Mit der Kurt-Schumacher-Schule verfüge Karben über eine der größten Schulen im Kreis. Sie habe überörtliche Bedeutung, denn sie werde auch von Schülern der Nachbarorte besucht. Das Hallenfreizeitbad, der öffentliche Nahverkehr und viele andere Punkte zählt die Stadt auf, die der LEP verlangt, damit Karben hochgestuft wird.
Land sieht’s anders
Doch offenbar ist ist das Land gegenteiliger Ansicht. Die von der Regierung beauftragten Experten kommen zu dem Schluss, dass es in Hessen zu viele Mittelzentren gibt, vor allem im Ballungsraum Rhein-Main. Sie haben eine wissenschaftliche Studie erstellt. Das Urteil der Experten fällt klar aus: »geringe Bedeutung«, heißt es in der letzten Spalte auf Seite 239 der Studie.
Rahn hält dagegen, die vorgelegte Studie sei »offensichtlich mit Fehlern behaftet«. Im Vorfeld seien den Städten noch nicht einmal die Ausgangsdaten zur Prüfung vorgelegt worden.
Das sorgt im Karbener Rathaus für Verärgerung. Die ist mittlerweile so groß, dass Verwaltungsleiter Hans-Jürgen Schenk im März einen gemeinsamen Termin mit den anderen klagebereiten Kommunen koordiniert. Die Zeichen stehen also auf Klage. Quasi als Anschubfinanzierung haben die Stadtverordneten im Haushalt schon mal 10 000 Euro bewilligt.