Bad Vilbel. Das Schulvorbereitungsjahr des Vereins „Möwe Jonathan“ an der Ernst-Reuter-Schule (ERS) ist gut gestartet. „Die Kinder nehmen das Angebot lustvoll an“, sagte gestern Dagmar Schmidl, die pädagogische Projektleiterin, nach den ersten 14 Tagen. Eltern, die ihr Kind um 13 Uhr abholen wollten, mussten auch schon Mal bis 14.30 Uhr warten, bis der Sohnemann sich von seinen neuen Freunden trennen konnte. „Es läuft alles viel besser als auf dem Papier geplant“, so Schmidl.
Sie meint damit vor allem die ungezwungenen Kontakte zwischen Vorbereitungs- und Schulkindern. Grundschüler kämen, um der nachfolgenden Generation vorzulesen, noch ehe Lesepatenschaften vereinbart wurden. Die beiden Frauen, die in das Projekt eingebunden sind, Diplom-Pädagogin Katharina Dehmer und Erzieherin Nicole Marx, nähmen die zugespielten Bälle gern auf und ließen die Kinder zusammen spielen. Aus den Erzählungen von Eltern weiß Schmidl, dass die Erfahrung der Kinder auch schon in ihre Familien hinein wirkt. So achten die Kinder zu Hause auf Tischsitten, wie sie ihnen vermittelt werden. „Da wird schon mal ein Vater zurechtgewiesen, wenn er anfängt zu essen, bevor sich alle zum Essen versammelt haben“, hat die Pädagogin erfahren. „Selbst wenn wir alle Lerninhalte aus unserer Arbeit rausnehmen und den Kindern nur das Zuhören beibringen, haben sie schon Entscheidendes für ihr Schul- und gesamtes zukünftiges Leben gelernt“, ist sie überzeugt.
Weil Schmidl vor der Übernahme ihrer jetzigen Aufgabe selbst als Lehrerin an der Ernst-Reuter-Schule unterrichtet hat, weiß sie, dass die Fähigkeit zum Zuhören nicht selbstverständlich ist. „Meine Kinder“, wie sie die kleinen Schützlinge im Schulvorbereitungsjahr nennt, nehmen zum Beginn der Arbeitsphase ihre Plätze ein und wissen, dass Essen, Trinken oder Toilette vorher oder nachher zu erledigen sind. Sie unterscheiden genau zwischen Entspannungs- und Konzentrationsphasen.
Die Lieblingsbeschäftigung der Kinder sei das Singen, das sie den ganzen Tag über mit Jahreszeitenliedern oder vor dem Essen begleitet. Dicht dahinter folgt das Auswendiglernen. „Die Kinder sind ganz wild darauf“, versichert Schmidl.
Für den Heilsberger CDU-Vorsitzenden Peter Gellings, der das Schulvorbereitungsjahr initiiert hat, und Karl Klefenz als Verantwortlichem der „Möwe Jonathan“ ist es die Bestätigung, dass der Start ins lustvolle Lernen früher und besser als durch die Einschulung erfolgen kann. Der Erzählkreis jeden Morgen fördere die Sprach- und Ausdrucksfähigkeit, das phonologische Bewusstsein werde dadurch geschärft, dass die Kinder durch den Raum laufen und Dinge nennen, die sie sehen und die mit demselben Buchstaben anfangen. Bewegung haben die Kinder auch in der Turnhalle, etwa beim Trampolinspringen. Englisch zu lernen, macht ohnehin Spaß, und sie lösten schon Textaufgaben, ohne zu wissen, was das ist: „Wenn drei der fünf Flaschen auf dem Tisch leer sind, wie viele sind dann noch voll?“ Klefenz: „Die Kinder werden ans Lernen herangeführt, ehe sie Blockaden dagegen aufbauen können.“
Trotz des „bravourösen“ Starts, von dem Ortsvorsteher Klaus-Peter Schulz (CDU) spricht, erwartet Klefenz, dass die Erfolge des Schulvorbereitungsjahres erst in der Grundschule und später sichtbar werden. „Die Schule wird sich daran anpassen müssen“, ist er überzeugt. Fünf Plätze im Schulvorbereitungsjahr können noch besetzt werden. 150 Euro Monatsbeitrag müssen Eltern dafür zahlen, plus einen Beitrag in Höhe von 2,65 Euro für das tägliche Mittagessen.
Nähere Auskünfte bei der „Möwe Jonathan“, Telefon (0 61 01) 80 31 80, oder der Ernst-Reuter-Schule, Telefon (0 61 01) 8 57 77.