Bad Vilbel. Friedlich grasen Pferde an den Nidda-Wiesen, im Innenhof lagern Strohballen. Das herbstliche Idyll des Gronauer Hofes ist jedoch trügerisch. Denn um das Land der ehemaligen Staatsdomäne herum sind etliche Grundstücksgeschäfte im Gang. Während ganz im Stillen zusätzliches Land für den Naturschutz erworben wird, beklagt die Vilbeler SPD, die Öffentlichkeit werde nicht informiert. Die Öko-Bauern des Dottenfelderhofes zeigen sich enttäuscht, dass die Stadt ihre dringenden Wünsche auf zusätzliches Land ignoriere. Kürzlich grassierten gar Gerüchte, auf dem Areal sei eine Jugendherberge geplant.
Nach fünfjährigen Verhandlungen hatte die Stadt Bad Vilbel im vergangenen November für 3,6 Millionen Euro 50 Hektar der Domäne vom Land erworben. Weitere 43 Hektar gingen für 1,1 Millionen Euro an die Gerty-Strohm-Stiftung des Bad Vilbeler Notars Hansgeorg Jehner. Die Grundstücke innerhalb des Landschaftsschutzgebietes „Auenverbund Wetterau“ sollen für eine Umgestaltung der Uferbereiche der Nidda, die Anlage von Flutrinnen in der Aue und die Rückverlagerung der Dämme verwendet werden. Die Auen sollen auf einer Breite von 50 bis 300 Meter als Überflutungsfläche zum Hochwasserschutz genutzt werden.
Doch die Pläne stocken, denn Jehner sei gerade dabei, das Areal „weit über die Höhe des Dortelweiler Golfplatzes hinaus Richtung Norden auf die Karbener Gemarkung hin zu erweitern“, teilt der Bad Vilbeler FDP-Landtagsabgeordnete Jörg-Uwe Hahn auf Anfrage mit. Derzeit würden Grundstücke hinzugekauft. Das trifft sich mit den Plänen der Hessischen Landgesellschaft (HLG), die die Domäne verkauft hat. Die Ausweitung gebe „einen großen Schwung für die Nidda-Renaturierung“, so HLG-Geschäftsführer Harald Müller. Mit den renaturierten Flächen von „mindestens 30 Hektar“, so Müller, könne die HLG-Fachabteilung Öko-Agentur für Hessen auch Öko-Punkte als Ausgleich für Straßenbaumaßnahmen des Landes sammeln. „Die Planungen laufen“, versichert Müller. Man wolle den Umbau „ganz schnell angehen“, wenn im Juni 2009 der Vertrag des bisherigen Pächters, Ferdinand Schwarz, auslaufe. Die HLG hat ihm „schon vor einem Jahr“ ein neues Domizil verschafft, den „Nonnenhof“ in Ilbenstadt.
Weiter unklar ist jedoch die künftige Nutzung des von der Stadt erworbenen Areals. Im Rathaus war dazu keine Stellungnahme zu erhalten. Josef Maetz, Vorsitzender der CDU-Mehrheitsfraktion im Stadtparlament, betonte, man habe noch keine eigenen Pläne, „die Stiftung geht voran“. Der städtische Anteil werde für die Renaturierung nicht benötigt und solle langfristig an die Landwirte weiterverpachtet werden – „auch der Dottenfelderhof kann sich bewerben“. An eine teilweise Bebauung des Areals sei frühestens in 15 Jahren gedacht. Damit reagiert die Stadt auf eine Wertabschöpfungsklausel im Vertrag der Landesregierung, wonach bei einem früheren Verkauf Nachzahlungen fällig sind. Gedacht sei lediglich daran, auf Gronauer Seite das jetzige Wohngebiet am Glossop-Ring in Richtung Nidda zu erweitern, berichtet Maetz. Das Gutsgebäude könne eventuell als Reiterhof genutzt werden.
Unzufrieden mit der bisherigen Entwicklung ist Martin von Mackensen, einer der Geschäftsführer des Dottenfelderhofes. Er ist enttäuscht darüber, dass es von der Stadt trotz Anfragen „schon vor längerer Zeit keinerlei Rückmeldung“ gebe. Dabei sei der Dottenfelderhof zur Sicherung der derzeit 126 Arbeitsplätze dringend auf zusätzliches Land angewiesen. Vor allem für die Getreidezüchtung würden Flächen benötigt, aber auch für das Futter der Milchviehhaltung, betont von Mackensen. Es gehe nicht darum, den Betrieb auszuweiten, sondern um Arrondierung.
Mangelnde Transparenz der Vorgänge beklagt auch der Vilbeler SPD-Parteivorsitzende Udo Landgrebe: „Wir fischen da im Trüben“. Man begrüße das Renaturierungs-Projekt, doch sei bedauerlich, dass die Öffentlichkeit ausgeschlossen werde. Deswegen überlege er, eine Anfrage im Stadtparlament zu stellen, kündigt Landgrebe an.