Bad Vilbel. Spritdiebstahl – mit diesem analog zu den enormen Treibstoffpreisen inzwischen bundesweit häufiger auftretenden Delikt sieht sich auch die Polizei im Wetteraukreis konfrontiert. Aber: Nichts Genaues weiß sie nicht. Ein Polizeisprecher auf Anfrage: „Es gibt keine exakten Zahlen. Manche Tankstellenbesitzer sagen, es wird weniger, manche Speditionsunternehmer sagen, es wird mehr. Belegen können wir das aber nicht“. Das liege auch daran, erläutert der Beamte, dass beide Delikte, der Diebstahl an der Zapfsäule ebenso wie das Absaugen aus einem Kraftstofftank, in einer Statistik zusammengefasst werden.
Je mehr pro Liter berappt werden muss, desto mehr Menschen stehlen Treibstoff, sagen aktuelle Statistiken der Landeskriminalämter aus. Und da hierzulande nicht im Voraus bezahlt werden muss, geht es oft um den so genannten Tankbetrug, bei dem der Benzindieb zwar tankt, aber nicht bezahlt. „Wegfahrer nennen wir die“, sagt Hartmut Görges. Er ist Geschäftsführer des Verbandes des Tankstellen- und Garagengewerbes aus Laubach bei Gießen. Es haben aber nicht nur Tankstellen das Nachsehen. Bagger, Busse und Lastwagen sind wegen ihrer großen Tanks beliebte Ziele für Dieselräuber.
Es gehöre heute zum Standard, dass Tankstellen mit Kameras ausgerüstet seien und der Angestellte von der Kasse aus die Säulen sehen könne. „Das heißt, die Kennzeichen der Diebe werden fast immer erfasst“, so Görges. Die Aufklärungsquote sei entsprechend sehr hoch. Sobald das Verfahren gegen den Täter laufe, zahle die Mineralölgesellschaft dem Pächter den Ausfall. Dadurch sei nicht der Pächter geschädigt, sondern die Gesellschaft. Allerdings könne es etwas dauern, bis der Schaden ersetzt sei. Das Geld hole sich die Gesellschaft nach Verurteilung von den Dieben zurück. Die Täter seien aber häufig Leute, die kein Geld besäßen, räumt Görges ein. „Wenn man die erwischt, heben die die Hand.“
Ein Bad Vilbeler Tankstellenpächter, der schon Opfer von Tankdieben geworden ist, aber namentlich nicht genannt werden möchte, erzählt, dass bei ihm die Gesellschaft noch nie eingesprungen sei. Wenn jemand einfach wegfahre, versuche er, sich das Kennzeichen zu notieren beziehungsweise werte die Videobänder aus. Dann erstatte er Anzeige: „Wenn wir Glück haben, bekommen wir das Geld von den Dieben wieder. Wenn die überhaupt welches haben.“ Ansonsten bleibe das ein privater Schaden.
Wilfried Grillmayer, Inhaber der Bad Vilbeler Spedition und Lebensmittellogistik GmbH & Co. KG, bestätigt das: Einmal habe er Anzeige erstattet, was aber nichts gebracht habe. „Sogar die Kühlanlagen werden angezapft“, berichtet er. Außerdem geschähen die Diebstähle nachts, so dass man auf den Videobändern nicht immer etwas erkennen könne. Die Lastwagen seines Fuhrparks seien mit abschließbaren Tankdeckeln ausgestattet. Dass ein Tank aufgebohrt wurde, sei noch nicht vorgekommen. „Das ist denen wohl zu viel Aufwand“, vermutet Grillmayer.
So lange am Fahrzeug keine sichtbaren Schäden entstanden sind, ist Dieseldiebstahl, anders als der Tankbetrug, schwer zu beweisen und wird von der Polizei auch nicht immer verfolgt. Auch die Versicherungen bezahlen den verschwundenen Kraftstoff so gut wie nie, da es kaum nachzuweisen ist, wie viel im Tank gewesen war. Das gilt nicht nur für Speditionen, Busunternehmen und Baufirmen, sondern auch für Privatpersonen. Pumpt jemand Sprit aus einem geparkten Fahrzeug ab, bezahlt die Versicherung meistens nur den beschädigten Tank oder Tankdeckel. Rat der Polizei: „Um es den Dieben so schwer wie möglich zu machen, sollte der Tankdeckel immer abgeschlossen werden.“
Im Handel gibt es abschließbare Bügel, die den Tankdeckel zusätzlich sichern. Auch ein Siebeinsatz im Einfüllstutzen kann verhindern, dass Diebe den Kraftstoff absaugen. Es gibt auch Alarmanlagen für den Tank. Bei ihnen steckt ein Funksensor im Tankdeckel, der von außen nicht sichtbar ist. Verlässt der Fahrer sein Fahrzeug, stellt er die Anlage scharf. Der Sensor registriert, wenn der Deckel aufgeschraubt wird.
Dennis Schollmaier arbeitet an der Total-Tankstelle in der Alten Frankfurter Straße. Bei ihm in der Schicht sei noch nie etwas geklaut worden, weil er aufpasse. Durchgebraust sei auch während seiner Arbeitszeit schon mal jemand. Ein Kunde habe sich das Kennzeichen notiert. Doch das Nummernschild war gestohlen. „Das ist die neue Masche“, hat Schollmaier gehört.