Schock für Eltern in Karben: Per sofort ist der evangelische Kindergarten in Burg-Gräfenrode in der letzten Woche geschlossen worden. Die Elektrik ist so marode, dass Brandgefahr besteht. Händeringend suchen Kirche und Stadt nach Lösungen.
Karben. Aus dem 16. Jahrhundert stammt die Oberburg in Burg-Gräfenrode, seit 150 Jahren nutzt die evangelische Kirche sie. Immer wieder wurde der prächtige Bau renoviert, macht heute einen ordentlichen Eindruck. Doch: „Dass etwas gemacht werden muss, wissen wir seit langem“, sagt Ina Lauster-Ulrich, die Vorsitzende des Kirchenvorstands.
Die Lage ist jedoch viel gravierender: Seit Montag vergangener Woche ist die Nutzung des Kindergartens im Erdgeschoss verboten. Zu marode sei die Elektrik, Brandgefahr bestehe, und kein Sachverständiger habe die Verantwortung für einen Weiterbetrieb der Kita übernehmen wollen, erklärt Lauster-Ulrich.
Lage dramatisch
Am Freitag vor zwei Wochen hatte die Kirche die Eltern der zuletzt 37 Kinder informiert. Tags zuvor war die Hiobsbotschaft gekommen: „Der Wetteraukreis wollte den Weiterbetrieb nicht mehr verantworten“, sagt Claudia Pfannemüller, Sprecherin des Dekanats Wetterau der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN).
Zuständig ist der Kreis, weil er die Betriebserlaubnisse für Kitas erteilt. Für die Kirche kommt das Aus überraschend: „Wir haben regelmäßige bauliche Überprüfungen seitens der Landeskirche“, erklärt Pfannemüller. Deshalb sei auch klar gewesen: „Die Elektrik ist nicht mehr auf dem notwendigen Stand.“ Die Fachleute aus dem eigenen Haus hätten aber eine Frist bis Ende Juli gesetzt. Dem Kreis war das offenbar zu heiß: „Er hat den Kindergarten gleich geschlossen.“
Ein Gutes hat der Termin: Seit jenem Montag laufen für zwei Wochen die Kindergartenferien, so dass die Dreikäsehochs nicht spontan raus mussten. Doch wie geht es ab 17. Juli weiter? Die Eltern der 32 Kindergartenkinder sind in Sorge. Christian Haffner aus Klein-Karben, einer der Väter, hat sich an örtliche Zeitungen gewendet: „Heimlich und offensichtlich unter einem Vorwand soll unser Kindergarten in Burg-Gräfenrode geschlossen werden“, meint er. „Soll hier ein unlukrativer Kindergarten geschlossen werden?“
Info-Gespräch
Gegen die Vorwürfe stemmt sich die Kirchenvorsteherin: Die marode Elektrik sei kein Vorwand. „Es geht um die Sicherheit der Kinder“, sagt Ina Lauster-Ulrich. „Keiner wusste, dass es so dramatisch ist“, ergänzt Bürgermeister Guido Rahn (CDU) und verspricht: „Es wird weiter einen Kindergarten in Burg-Gräfenrode geben.“ Wie es weitergehen soll, erfuhren die Eltern in einem Informationsabend. Und sie haben laut Rahn der Interimslösung zugestimmt: „Der evangelische Kindergarten wird ab 17. Juli in den Räumen der Stadtteilbücherei betrieben“, kündigt er an. Die Stadtteilbücherei zieht ins Alte Rathaus um.
Die bisherigen Bücherei-Räume seien gut für den Kindergarten geeignet, findet der Rathauschef. Hinterm Haus gibt es einen Spielplatz. Den will die Stadt kurzfristig noch mit mehr Geräten ausstatten. „Die Bestellung ist schon raus“, sagt Rahn.
25 Kinder – genau eine Kindergartengruppe – sollen in der Interimskita unterkommen. So sinkt allerdings die Kapazität spürbar. In der Oberburg konnte die evangelische Kirche bis zu 40 Kinder betreuen. „Einige Eltern melden ihre Kinder um nach Groß-Karben“, so Rahn. Die Stadt ermögliche das Wechseln, und zwar auch, wenn sich Eltern erst in ein paar Wochen oder Monaten entscheiden sollten.
Er persönlich tendiere zu einem Neubau, sagt Rahn. „Den können wir gleich für 50 Kinder auslegen und alle Burg-Gräfenröder in ihrem Stadtteil unterbringen.“ Auch könne die Kita dann Einjährige aufnehmen statt bisher erst Kinder ab zwei. Schon diesen Montag will Rahn im Rathaus mit seinen Fachleuten beraten. Entstehen könnte der Neubau auf einem extra dafür freigehaltenen Grundstück neben dem Spielplatz des Wohngebiets Bindweidring. Baupläne hat die Stadt schon in der Schublade.
Eltern wollen helfen
Noch im Juli will Rahn entscheiden, ob sich der Neubau lohnt. Lieber wolle er etwas mehr Geld für eine ideale Lösung aufwenden, als die Oberburg teuer zu sanieren und danach beim Kita-Angebot nur den Status quo erhalten zu können.
Für eine Sanierung rechnet Rahn mit Kosten von über 100 000 Euro. Ein Neubau würde zwar eine Million Euro kosten, schätzt er. „Aber wir prüfen, wie viele Fördergelder wir dafür erhalten.“ Gehe es letztlich nur um einige hunderttausend Euro, strebe er die teurere, aber langfristig sinnvollere Lösung an. Einige Eltern erklären sich am Ende des Gesprächs bereit, anzupacken, wenn die „Zwergenburg“ umzieht. (den)