Palmenzweige werden abgebrochen und auf den Weg gelegt. Die Menschen ziehen Kleider aus und breiten sie auf der staubigen Landstraße aus. Und überall hört man den Ruf: Hosianna! Hosianna! Der Ruf, mit dem man großen Herrschern huldigte. Alles ist vorbereitet für die Ankunft des Königs. Und da kommt er. Aber was ist dies für ein König? Er hat kein Pferd, nur einen Esel. Er hat auch keinen purpurnen Mantel, nur ein Gewand. Eine Krone trägt er auch nicht auf dem Kopf. Er hat auch keine Diener, die ihm nachlaufen. Er befehligt keine Soldaten.
In der Grundschule habe ich gefragt: Was für ein König ist Jesus denn dann – wenn er nichts trägt, woran wir ihn als König erkennen können? Warum begrüßen die Menschen ihn als ihren neuen König? Ein Schüler meldete sich und sagte: „Jesus bringt den Frieden. Deswegen ist er ein König.“ Da waren alle in der Klasse still. Ich war beeindruckt. Ja, Jesus bringt den Frieden. Ein König, der Frieden bringen und in Frieden regieren will, der verzichtet auf alles, was den anderen überwältigt, gefangen nimmt, beherrscht, blendet.
Dabei ist es gerade das, was viele Menschen wollen: Einen starken Mann, einen starken Anführer. Sei es in der Politik, sei es in der Kirche. „Wir brauchen einen neuen Martin Luther“, ist da zu hören. Der Wunsch nach dem Starken, einem Führer ist aus dem menschlichen Herzen wohl nicht auszurotten. Und wir sehen in Gegenwart und Geschichte, wo solch’ fehlgeleitete Sehnsucht nach eigener Macht und Stärke hinführt.
Mit ungezählten Christen weltweit folge ich einem König, der mich nicht zu weltlichem Ruhm und Ansehen führt, sondern mir etwas bringt, das unendlich viel wichtiger ist: Frieden mit Gott.
Auf dem Weg zum Osterfest, am Beginn der Karwoche folgen wir Jesus auf seinem Weg an das Kreuz. Er ist der Sieger, auch im scheinbaren Unterliegen. Er ist der König der Welt, gerade weil er den Weg des Kreuzes auf sich nimmt und uns so von allen Wünschen nach dem Starken, Beeindruckenden, Gesunden, Mächtigen im eigenen Leben befreit.
Diese Osteraugen für den Frieden Gottes wünscht Ihnen
Pfarrer Johannes Misterek
Ev. Kirchengemeinde Massenheim