Ein „organisches Wachstum“ – kein durch viel Geld und große Namen erzwungenes – hat Burgfestspielintendant Claus-Günther Kunzmann der Bad Vilbeler Theater- und Musicalreihe verordnet. Dazu gehört Flexibilität und der Wille zur positiven Veränderung. So auch in diesem Jahr. Das fordert den Verantwortlichen viel ab.
Bad Vilbel. Am 6. Mai öffnet sich der erste Vorhang für die 31. Bad Vilbeler Festspielsaison. Um 15 Uhr wird dann die Generalprobe der Kinderoper „Figaros Hochzeit“ zu sehen sein. Und daran wird auch schon kräftig geprobt.
„Wir sind erst diese Woche in unsere Probehalle nach Dortelweil umgezogen, haben zuvor in der beengten Theaterwerkstatt geprobt“, schildert Dramaturgin Ruth Schröfel beim Vorab-Gespräch in der FNP-Redaktion.
Verträge sind fix
„Die Proben beginnen auch so früh, weil wir bei der Kinderoper ja mit der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt kooperieren“, sagt Schröfel und nimmt Bezug auf Semesterferien einerseits und Seminare andererseits. Am 24. April beginnt für die Studenten die richtig heiße Probephase, dann kommt auch das Orchester hinzu. „Für viele ist es der erste Auftritt auf einer so großen Bühne.“ Ab 20. April proben auch die Besetzungen für die Inszenierungen von „Tintenherz“ und „Jim Knopf“ mit Volldampf.
Jubilieren kann das Festspielteam an anderer Stelle: Seit vergangener Woche sind alle Verträge mit den Schauspielern fix. Nicht immer einfach, da es immer wieder auch Absagen wegen anderer Verpflichtungen gebe.
Auf die ganz großen Namen mit entsprechenden Gagen nach Bad Hersfelder Muster verzichtet man in Bad Vilbel auch weiterhin. Doch ganz so will Schröfel diese Aussage dann doch nicht stehenlassen. „Norma Desmond ist schon mit einem richtig guten Namen besetzt“, sagt sie, will aber noch nicht mehr über das Stück „Sunset Boulevard“ und deren Hauptdarstellerin verraten. „Unsere Promis sind die Burg und das Ensemble“, fügt Schröfel hinzu und lacht.
Und das ist nicht gerade klein. 17 Mitwirkende bei den Schauspielen, 21 bei den Musicals, zwölf bei der Kinderoper stehen auf der Bühne. Noch einmal etwa 50 sind es hinter der Bühne, an den Kassenhäuschen und an anderen Stellen.
Eine gute Tradition ist es, dass der Chor „VilBelCanto“ bei einem Stück mitwirkt, das macht er auch diesmal – doch an ganz ungewohnter Stelle. War er ansonsten immer bei einem Musical dabei, wirkt er diesmal beim Schauspiel „Wie im Himmel“ mit.
Aus dem Theaterkeller auf die große Bühne geht es in diesem Jahr für „Ziemlich beste Freunde“. Die gute Geschichte hätte man nach Schröfels Bekunden auch im Keller erzählen können, doch die Nachfrage war zu groß. In den Keller passen ja nur rund 85 Gäste, in das Rund der Burg fast das Zehnfache. Von „Ziemlich beste Freunde“ wird es sieben Vorstellungen geben. Doch es gab noch einen weiteren Grund für die Verlegung, denn auch Rollstuhlfahrer wollen sich das Stück ansehen, einer der Hauptdarsteller sitzt in einem solchen. „Und das geht aus Sicherheitsgründen im Keller leider gar nicht“, sagt Schröfel.
„Ziemlich beste Freunde wird nun etwas länger erzählt und mit mehr Aufwand auf der großen Bühne. „Doch entscheidend ist die Geschichte und wie sie mit unterschiedlichen Mitteln erzählt wird“, verweist Schröfel darauf, dass jedes Medium seine Vorzüge habe. Könne das Kino etwas spektakulärer aufwarten, „hat man auf der Bühne dafür das Live-Erlebnis“.
Mehr Barrierefreiheit
Nicht nur auf der Bühne gibt es Neuerungen. Vor allem bei der Barrierefreiheit hat sich noch etwas getan. So gibt es erstmals eine Hörunterstützung. Die läuft per Smartphone-App, die direkt vom Tonpult der Festspiele angesteuert wird. Über Kopfhörer können Hörgeschädigte so das Stück besser verfolgen. „Auch über Gebärdendolmetscher haben wir nachgedacht, doch bräuchten wir zwei, und das ist leider nicht umsetzbar mit dem Bühnengeschehen hintendran.“
Erstmals kommt auch eine Sicherheitsfirma zum Einsatz. Die letzte Neuerung betrifft den Appetit. Da die Burgfestspiele nun sonntags um 12 statt um 11 Uhr beginnen dürfen, verschiebt sich der Einlass von 10.15 auf 11 Uhr. „Und dazu möchten wir den Gästen ein reichhaltigeres Theaterfrühstück als bisher anbieten“, sagt Schröfel. Das genaue Konzept werde dazu aber noch ausgearbeitet.