Glauben Sie an Wunder? Glauben Sie, dass Dinge geschehen, die den Naturgesetzen widersprechen? Dann gehören Sie zu 55 Prozent der Bevölkerung, denen es genauso geht. Dann haben Sie auch in der Bibel eine große Unterstützung. In der Tageslosung für heute aus dem Propheten Daniel heißt es etwa: „Gottes Zeichen sind groß, und seine Wunder sind mächtig, und sein Reich ist ein ewiges Reich, und seine Herrschaft währet für und für.“ (Dan 3, 33)
Ich muss allerdings gestehen, dass ich nicht mit solchen Wundern rechne. Ich denke durchaus manchmal: Oh Gott, lass doch ein Wunder geschehen! Wenn etwa im nahenden Frühjahr die Hochwassergefahr wieder steigt, wie schön wäre es, wenn Gott wie zur Zeit des Mose die Wassermassen aufhalten würde. Und doch wird er es nicht tun, tat es im vergangenen Jahr und den Jahren vorher auch nicht.
Manchmal verleitet das Hoffen auf Wunder auch dazu, die eigene Verantwortung für die Gestaltung der Welt abzugeben. Eine jüdische Geschichte erzählt von einem Mann, der Gott immer wieder bittet, dass er in der Lotterie gewinnen möge. Irgendwann hört er Gottes Stimme: „Tu mir bitte einen Gefallen, und kauf dir endlich auch ein Los!“ Die Verantwortung für die Welt ist in unsere Hände gelegt, und wir sollten sie wahrnehmen, zum Beispiel dem Klimawandel endlich Konsequenzen folgen lassen und ihn nicht wegdiskutieren oder zu leugnen. Das ist sinnvoller, als Gott um ein Wunder zu bitten.
Ich glaube an Wunder. Aber das „wunder“-bare an Gott ist für mich vielmehr, dass ich darauf vertraue, dass er mit mir ist in allem, was passiert, dass er mich nicht alleine lässt, dass er mit mir durch die Fluten geht.
Im Fernsehen sprach eine italienische Frau, wie gut es tut, dass der Staatspräsident in die Erdbebengebiete kam. Verhindert hat er die Katastrophen auch nicht, aber die Menschen fühlten sich in ihrer Not nicht allein gelassen. Und das war nur der italienische Präsident. Wie wunderbar ist es, dass auch Gott uns in solchen Situationen nicht alleine lässt.
Christian Krüger, Pfarrer in Groß-Karben