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Offene Ohren für Eltern

In kostenfreien Sprechstunden der Kitas geben Berater Tipps für Alltagsprobleme

Mit kleinen Kindern gibt es immer wieder Überraschungen und Probleme. Dazu können sich Eltern jetzt ganz spontan in Elternsprechstunden der städtischen Kitas Anregungen und Tipps holen. Vier Beraterinnen sind dort wöchentlich im Einsatz – finanziert von einer Tochter-Stiftung der Humanistischen Stiftung.

Bad Vilbel. Dass sie sich in einer offenen Sprechstunde kostenlos und vertraulich Rat holen kann, weiß die 35-jährige Dortelweilerin, die gerade ihre vierjährige Tochter in die Kita Trauminsel bringt. Auch der acht Monate alte Nachwuchs ist mit dabei, der Junge blickt mit verschlafenen Augen aus dem Kinderwagen. „Ich finde das Angebot sehr gut, habe es aber noch nicht in Anspruch genommen“, sagt sie. Aber es gibt schon etwas, zu dem sie gerne Rat hätte. Das Trockenlegen sei bei ihrer Tochter immer noch ein Thema, seufzt sie. Aber auch allgemein ist sie daran interessiert, zu erfahren, wie man den Alltag mit zwei Kindern besser managen kann, sagt sie.

Familienrituale

Eine solche Beratung über die Gespräche mit den Erzieherinnen hinaus findet auch Eugenia Schmidt sehr gut. Sie hat gerade die vierjährige Rosalie in die Kita gebracht, im Schlepptau ist ihre sechs Monate alte Schwester Luzie. Es gebe immer wieder mal Erziehungsprobleme, „da ist es gut, wenn man sich neue Anregungen holen kann“, findet sie. Sehr praktisch findet sie auch, dass es für diese Gespräche keine langen Wartezeiten gibt.

In der Dortelweiler Kita Trauminsel ist die Erzieherin und Heilpädagogin Ilona Schopf jeweils dienstags von 15.30 bis 16.30 Uhr zu Gast. Das reicht für zwei Gespräche, erläutert Kita-Leiterin Christa Hillenbrand, die das Projekt koordiniert. Anmeldungen sind keine nötig, aber mittlerweile liegt ein Zettel aus, wo man seinen Gesprächswunsch anonym ankreuzen kann, damit man sieht, ob noch ein Termin frei ist. Vorige Woche probierte Hillenbrand etwas Neues aus: Statt der Sprechstunde gab es einen Gesprächskreis zum Thema Familienrituale. Da ging es um Dinge wie etwa die Vorbereitung auf das Einschlafen.

Entstanden ist das Angebot zufällig. Im vergangenen Jahr hatten die Erzieherinnen bei einer Weiterbildung auch über die verblüffende Beobachtung diskutiert, dass die Kita-Kinder montags mehr essen als an anderen Tagen. Doch nicht, weil sie ausgehungert sind, sondern weil sie auf die Umstellung vom Wochenend- auf den Kita-Rhythmus mit vermehrter Nahrungsaufnahme zur Beruhigung reagierten. Offenbar gab es da Diskussionsbedarf. Davon hörte auch Hansgeorg Jehner, der als Rechtsanwalt die Humanistische Stiftung leitet. Er bot eine Weiterbildung für die 140 städtischen Erzieherinnen an. Zusätzlich finanziert er durch die Stiftungstochter Bad Vilbel-Jugendförderung gGmbH seit vergangenem November auch die Erziehungs-Sprechstunde. Dafür wurden vier Honorarkräfte engagiert, die in Massenheim, Gronau, der Kernstadt und Dortelweil-West Sprechstunden abhalten.

Zweitmeinung

Schon lange habe sie mit ihren Kollegen nach einer solchen Alternative gesucht, sagt Hillenbrand. Früher habe es noch Themen-Elternabende gegeben, aber das sei nicht mehr zeitgemäß. Viele Eltern seien durch Berufstätigkeit so ausgelastet, dass sie für solche Abendtermine keine Zeit mehr hätten. Aber auch der regelmäßige Austausch mit den Erzieherinnen könne nicht alles auffangen, findet Hillenbrand. Schon allein der Umstand, ein scheinbar vertrautes Problem einer anderen Person zu erklären, kann schon zum Neusortieren der Gedanken führen. Es gibt auch Themen, bei denen sich Eltern eine kompetente Zweitmeinung wünschen oder die sie nicht mit den Erzieherinnen, sondern einer neutralen Person besprechen möchten.

Bedarf ist da

„Wenn Grundschuleltern kommen, werden sie auch nicht weggeschickt“, sagt Hillenbrand – auch wenn das Projekt primär auf die Kita-Kinder ausgerichtet ist. Die Stiftung hat ihre Förderung zeitlich nicht befristet. Doch nach einem halben Jahr soll geschaut werden, wie stark es angenommen wird. Hillenbrand hat bereits beobachtet, dass jede Woche mindestens eine Beratung stattfinde.

Und der Bedarf sei da. Die Eltern seien heutzutage durch die Vielzahl an Erziehungs-Infos in den Medien verunsichert, auch Chats in Internet-Foren würden dies verstärken. Was fehle, sei die Erfahrung, wie sie früher von Großeltern, Tanten oder Onkeln eingebracht wurde. Die sollen jetzt die Fachkräfte liefern – und wenn es komplizierter wird, wissen sie auch, wo es weitere Beratung gibt.