Vor einigen Wochen wurde ich in ein sehr schickes Restaurant zum Essen eingeladen. Ich war in vielerlei Hinsicht begeistert und es versprach ein besonderer Abend zu werden. Die Auswahl auf der Speisekarte, das edle Ambiente, die geschmackvolle Inneneinrichtung, die gute Musik… Einfach wunderbar!
Doch plötzlich entfachte ein Streit zwischen einem Gast und einem Kellner. Der Gast konnte scheinbar nicht an seinem gewohnten Platz sitzen und regte sich sehr auf. Der Kellner wiederum wollte sich von dem Gast nicht belehren lassen. Also wurde es laut. Für einen Moment war die Atmosphäre in dem edlen Gourmettempel vergiftet. Letztlich setzte sich der Mann an einen anderen Platz.
Ich möchte weder beurteilen, wie berechtigt die Verärgerung des Mannes war noch wie angemessen die Reaktion des Kellners. In dem beschriebenen Konflikt zeigt sich jedoch etwas, das allgemein für unsere Gesellschaft gilt: Begegnung unterschiedlicher Menschen kann nur dann gelingen, wenn beide Seiten den anderen nicht auf seine Funktion reduzieren. Der Kellner ist immer mehr als nur eine Bedienung und der Gast ist immer mehr als bloß ein Geldbringer. Das gilt nicht nur im Restaurant. Man sollte immer den Menschen dahinter sehen, der einen Anspruch darauf hat, mit Respekt behandelt zu werden. Kein Mensch darf bloß auf die Funktion reduziert werden, die er für mich hat. Obwohl dies vielen Menschen bewusst ist, vergessen wir es in bestimmten Situationen allzu schnell. Das kenne ich auch von mir selbst. Mehr Gelassenheit! Das wünsche ich mir und den Menschen um mich herum. Und ich glaube, man kann das einüben, wenn ich z.B. das nächste Mal nicht dort sitzen kann, wo ich gerne würde. Ein praktisches Übungsfeld wäre einer der vielen Gottesdienste an Heiligabend.
Übrigens: Gelassenheit steht einem oft ziemlich gut. Fragen Sie mal die weibliche Begleitung des Herrn aus dem Restaurant…
Maurice Meschonat
Vikar der Evangelischen Christuskirchengemeinde Bad Vilbel