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Erinnerung an den Frieden

Wort zum Sonntag

Ulrike Mey
Ulrike Mey

Der „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge“ hat den Volkstrauertag 1919 zum Gedenken an die Toten des Ersten Weltkrieges und als Zeichen der Solidarität mit deren Hinterbliebenen eingeführt. 1934 bestimmt Hitler per Gesetz diesen Tag zum Staatsfeiertag und nannte ihn „Heldengedenktag“. Plötzlich wurden die Toten zu Helden. Der nächste Krieg war bereits geplant.

Danach gab es noch mehr Anlass zu einem Volkstrauertag – millionenfachen Anlass.

Es hat einige Jahre gedauert, bis man diesen Tag wieder begehen konnte, bis man von Toten, Opfern und Leid sprach, anstatt von Helden. Es hat gedauert, bis man an das unendliche Leid erinnern konnte, um weiteres zu verhindern. Denn das soll der Volkstrauertag leisten: Er soll an das Leid und Unrecht der beiden Weltkriege erinnern und damit an das Leid und Unrecht jeden Krieges.

Wir erinnern, dass Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Armut der Nährboden für Kriege sind. Wir erinnern, um den Wunsch nach Frieden und Versöhnung wach zu halten. Wir erinnern, um nicht zu vergessen, dass man dem Frieden nachjagen muss. So beschreibt die Bibel es an mehreren Stellen.

Kriege geschehen nicht, sondern sie werden gemacht, und der Frieden bleibt nicht einfach, sondern er muss immer wieder geschaffen werden. Jesus sagt dazu: „Selig sind die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen.“ (Matthäusevangelium Kapitel 5, Vers 9). Das ist unser Auftrag.

Wir erinnern auch, um zu verdeutlichen, dass Kriege gegen Gottes Willen von Menschen geführt werden.

Wie aktuell das alles ist, sehen wir anhand der Situation im Nahen Osten. Die furchtbaren Bilder aus Aleppo oder Mossul und erst recht die traumatisierten Menschen, die zu uns geflohen sind, zeigen wie wichtig es ist, den Frieden zu bewahren, immer und immer wieder.

Für mich ist der Volkstrauertag wie eine Ermahnung, damit wir uns nicht an das Unheil von Kriegen gewöhnen.

Ihre Ulrike Mey,

Pfarrerin der Christuskirchengemeinde Bad Vilbel