Schöneck. Sigrid Oltmann zeigt in ihren Arbeiten alle Facetten des Lebens. Das ist bei ihr vital, strahlend, eigenwillig, morbide und grausam zugleich. Vom 18. bis 28. Mai ist die bekannte Büdesheimer Künstlerin als Gastaustellerin vom Künstlerbund Simplicius ins Historische Rathaus nach Hanau eingeladen worden. Im Juni stellt sie in der alten Synagoge in Gelnhausen aus.
In ihrer neuen Arbeit greift ein Putenfuß wie eine Greisenhand nach einer maroden Birne. Die Tulpen gleich daneben wirken antik, versteinert. Ein Messer und eine Packung Papiertaschentücher – vielleicht als Symbol der Wegwerfgesellschaft – liegen neben zwei frisch aufgeschnittenen Birnenhälften und die Wegwarte im oberen Bildteil zeigt Spuren vitalen Lebens. Das Bild scheint von der Leinwand abgerissen und will aufzeigen, dass das Leben fast vorbei ist.
So außergewöhnlich und eigenwillig, wie der Bildaufbau, so außergewöhnlich und eigenwillig ist die Persönlichkeit der Malerin. Ihre Arbeiten spiegeln das scheinbar profane Leben wider. Momentan beschäftigt sie sich mit ihrer Vergangenheit und Jugend. In ihrer altmeisterlichen Art zu malen, will sie nicht wie ihre historischen Kollegen Schönheit, Reichtum und feine Dekoration zelebrieren. Temperamentvoll erzählt Oltmann: „Mit meinen Bildern möchte ich Geschichten erzählen, Events aufzeigen und Empfindungen des Alltags mitteilen.“
Lebendig und zum Greifen nah sind ihre Arbeiten im Trompe-l’œil (französisch: täusche das Auge) gemalt. Für den Betrachter ist es schwer zwischen Wirklichkeit und Gemaltem zu unterscheiden. Die gründliche Ausbildung als Bildhauerin sei ihr dabei eine große Hilfe, sagt Oltmann. Korrekturen, Kommentare, Verunsicherungen und Zurückweisungen setzt die Künstlerin nachträglich durch Abschabungen, Schriftzeichen und Übermalungen in ihre Werke ein. Damit scheint das prachtvolle Gemälde „zerstört“. „Spannend wird es, wenn der Zerfall soweit fortgeschritten ist, dass die Zerstörung neue Wege freigibt“, sagt die Künstlerin dazu.
Ein Wechselspiel aus der Ästhetik im Alltag und seinen Schattenseiten findet sich in fast allen Arbeiten Oltmanns. Das Alltägliche und Vergängliche übt Faszination auf sie aus. Im Zwischenraum von Realität und Transzendenz lässt sich Oltmanns Malerei in keinen Rahmen herkömmlicher Kunstrichtungen pressen. Sie nutzt beispielsweise Tulpen aus „Süleyman’s Garten“, um politische Dimensionen auszudrücken. So bleiben die Arbeiten spannend, überraschend und sind auf mehreren Ebenen zu betrachten und zu verstehen.