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Wie geht es weiter?

„Allianz für den freien Sonntag“ torpediert eine Win-Win-Situation

Die Bad Vilbeler Geschäfte hatten am Sonntag offen. Die Gewerkschaft Verdi, die im Vorfeld der Aktion Widerspruch eingelegt hatte, stellte diesmal dann doch keinen Eilantrag auf Verbot der Veranstaltung mehr. Trotzdem ist jetzt mit einem gerichtlichen Nachspiel zu rechnen.

 

Bad Vilbel. Das Schlimmste hatte Monika Delazer, die Vorsitzende des Gewerberings Bad Vilbel, noch vor wenigen Tagen befürchtet. Denn sie ging davon aus, dass sich die Gewerkschaft Verdi mit ihrem Widerspruch zum verkaufsoffenen Sonntag um jeden Preis auch durchsetzen wolle. Doch konnte Delazer dann aufatmen – die Geschäfte durften am vergangenen Sonntag öffnen.

„Es wird kein Eilverfahren geben“, hatte Verdi-Landesbezirksleiter Jürgen Bothner wissen lassen, was unter den Geschäftsleuten Erleichterung auslöste. Mit der eilig neugefassten amtlichen Bekanntmachung der Stadt, die noch am Mittwoch im „Bad Vilbeler Anzeiger“ erschienen war, habe die Stadt auf Fehler in der ersten Bekanntmachung reagiert, gab sich Bothner zufrieden.

Statt des unterlassenen Eilverfahrens will sich der Gewerkschaftschef nun mehr Zeit nehmen, um ein Hauptverfahren beim Verwaltungsgericht Gießen in die Wege zu leiten. Dabei sollen dann alle verkaufsoffenen Sonntage in Bad Vilbel unter die Lupe kommen.

Erfolg hatte die Gewerkschaft, die sich mit Kirchenverbänden zur „Allianz für den freien Sonntag“ zusammengeschlossen hat, bereits in Karben und auch in Frankfurt.

„Ich will nur, dass das Gesetz akzeptiert wird“, verweist Bothner auf fünf Kriterien, die vom Bundesverwaltungsgericht für verkaufsoffene Sonntage festgelegt werden. Dazu zählen die Größe und Bedeutung der Veranstaltung, räumliche Nähe sowie Sortiment der geöffneten Geschäfte. Beim Weinfest zeige Bothner noch Verständnis, aber nicht für alle Geschäfte, die öffnen wollen. Lebensmittel und Kleinwaren ja, ein Bauzentrum etwa aber nicht. Doch auch hinsichtlich der Misswahl in Dortelweil blieb er kritisch. Die findet im Brunnen-Center statt, „warum Porta-Möbel gegenüber aufmacht, ist nicht nachvollziehbar“, sagte er.

Dass es bei dem „Verkaufoffenen Sonntag“ geblieben ist erfüllte Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) mit Genugtuung. In einer gemeinsamen Aktion habe man den Sonntag gerettet und die Gewerbetreibenden vor Verlusten geschützt. Einen Fehler bei der amtlichen Bekanntmachung kann Stöhr nicht erkennen. Bislang sei die noch von Stadtrat Jörg Frank (CDU) verfasste Bekanntmachung immer ohne Beanstandung gedruckt worden. „Sie hat sich seit Jahren bewährt und ist deswegen auch nicht über meinen Schreibtisch gegangen“, sagt Stöhr. Nun habe man kurzfristig reagieren müssen. Und dies auch getan.

Dass Bothner nun ein reguläres Verfahren anstrebe, sei „gang und gäbe“. Die Stadt werde sich darauf vorbereiten. So sieht Stöhr keine Gefahren für den verkaufsoffenen Sonntag unter dem Titel „Frühlingserwachen“ zu den Caravaning-Tagen und der BHM Handwerkermesse im Frühjahr. Die Veranstaltung sei überregional.

Auch das Straßenfest eine Woche nach dem Quellenfest sei nicht nur sehr traditionsreich, sondern auch überaus stark besucht. Das Weinfest gebe es ebenfalls länger als die verkaufsoffenen Sonntage.

Oktober im Blickfeld

Nur bei einer Veranstaltung müsse man sich ernsthaft Gedanken machen. Denn am 23. Oktober ist ein verkaufsoffener Sonntag unter dem Stichwort „Apfelfest“ geplant. „Das müssen wir in Ruhe betrachten“, meint Stöhr. Und eventuell zumindest die Läden geschlossen halten. Denn auch Verdi-Mann Bothner hat gezielt ein Auge auf dieses Fest geworfen.

Jeder Sonntag weniger treffe die Geschäfte ganz empfindlich: „Jeden Sonntag, den wir nicht öffnen dürfen, ist für den stationären Einzelhandel ein extremer Verlust“, sagt Delazer. Denn der Internethandel habe nie geschlossen.

Das sähen auch die Angestellten im Einzelhandel so. „Es gibt als Ausgleich freie Tage und mehr Bezahlung. Unsere Angestellten sehen den verkaufsoffenen Sonntag als Arbeitsplatzsicherung an“, ist Delazer überzeugt. Doch nicht nur für die Geschäfte sei eine Schließung schlimm. „Auch das Image der Stadt leidet darunter.“ Denn an den Sonntagen kämen viele Leute von außerhalb, sähen nicht nur die Geschäfte, sondern auch die Stadt.

Zudem hätten die Gewerbetreibenden nicht gerade wenig Geld in Werbung und Dekoration für den Sonntag gesteckt. Und auch externe Standbetreiber stellten an diesem Tag ihre Buden in der Stadt auf. „Das ist für alle eine Win-Win-Situation“, sagt Delazer. (kop/sam)