Karbener und ihre Besucher werden in absehbarer Zeit nicht mehr an ausgewählten Sonntagen in der Stadt einkaufen können. Der Gewerbeverein hat alle Verkaufssonntage bis auf Weiteres gestrichen. Denn ein Bündnis aus Gewerkschaft Verdi und Kirchen droht mit Klagen – so wie überall in Hessen derzeit.
Karben. Entspannt in Karbens Geschäften sonntags einkaufen – damit ist nun Schluss. Die Regierung von Bürgermeister Guido Rahn (CDU) wird fürs Erste keine weiteren verkaufsoffenen Sonntage mehr erlauben. Ursache ist die durch Gerichtsurteile verschärfte Rechtslage für die Sonntagsöffnung von Geschäften in Hessen: In der jüngeren Vergangenheit haben immer öfter Gerichte solche Ladenöffnungen verboten.
„Verkaufsoffene Sonntage sind in den Fokus geraten“, seufzt Mike Barowski, Vorsitzender des Gewerbevereins. Die „Allianz für den freien Sonntag“ – ein Zusammenschluss aus Kirchen und der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi – geht seit längerem gegen die Zusatzöffnungszeiten vor, lässt sie per Gericht verbieten. Das hätte wohl auch dem nächsten in Karben geplanten verkaufsoffenen Sonntag gedroht.
Verdi-Landesvorsitzender Jürgen Bothner hat nun in Karben darauf hingewiesen – bei einem Gespräch mit Gewerbevereinschef Barowski und Bürgermeister Rahn. Warum der Verdi-Landeschef Karben besonders im Blick hat: Er wohnt hier und ist seit Ende Juni neuer SPD-Vorsitzender.
„Unter den aktuellen Bedingungen werden in Karben die Vorgaben für eine Sonntagsöffnung nicht erfüllt“, erklärt Bothner. Die Rechtsprechung sei mit den jüngsten Urteilen inzwischen eindeutig: Die laut Gesetz pro Jahr vier Ladenöffnungen an Sonntagen dürften nur zusätzlich zu einem Markt, einer Messe oder einem etablierten Fest gestattet werden. Diese müssten einen „beträchtlichen Besucherstrom“ auch ohne Ladenöffnung anziehen, sprich: die offenen Geschäfte dürfen nur Beiwerk sein.
Das sind sie in Karben aber nicht. In den vergangenen Jahren waren die Ladenöffnungen faktisch Selbstzweck. So hatte der Verkaufssonntag am 6. März gar keinen Titel, wenngleich an diesem Tag die Kommunalwahl lief. Am 22. Mai war „Erdbeerfest“ das Motto, eine Eigenkreation des Gewerbevereins. Erlaube Karben weiter aus solchen Anlässen die Sonntagsöffnungen, „wäre das ein Verstoß gegen die Auflagen“, mahnt Bothner. Da sei es gut, wenn sich Karben nun an Recht und Gesetz halte – und Verdi nicht tätig werden müsse. Die Gewerkschaft habe alle hessischen Bürgermeister und Landräte per Rundschreiben im April auf die Situation aufmerksam gemacht, erläutert der Verdi-Chef. Auch Städtetag und Sozialministerium warnen die Kommunen inzwischen vor allzu freigiebigen Genehmigungen.
Die Entscheidung, in Karben zunächst keine weiteren verkaufsoffenen Sonntage zu genehmigen, sei „im Einverständnis mit dem Gewerbeverein“ gefallen, betont der Bürgermeister – mit Bedauern. „Leider, aber an der Gesetzeslage kommen wir nicht vorbei.“ Denn die Zusatzöffnungen seien wichtige Werbeveranstaltungen für die Geschäfte. „Da sind schon Massen an Menschen unterwegs“, weiß Rahn.
Der Schutz des Sonntags aber wiege schwerer, hält der Verdi-Chef dagegen. „Wenn wir Wert legen auf christliche Werte, sollten wir am siebten Tag ruhen.“ Stelle man den Sonntag als Ruhetag zur Disposition und müssten viele Menschen arbeiten, bräche „in vielen Teilen der gesellschaftliche Zusammenhalt“ weg, etwa in Sport- oder Kulturvereinen, warnt Jürgen Bothner.
Ist das das Ende der verkaufsoffenen Sonntag in Karben? In der Tat habe die Stadt ein Problem, weil es kein großes, stadtweites Traditionsfest gebe, räumt Mike Barowski ein. Zwar könnten beispielsweise beim Klein-Kärber Markt Läden öffnen. Laut Rechtslage jedoch nur jene, die einen räumlichen Bezug zum Fest hätten. „In der Rathausstraße will dann aber keiner öffnen, weil die Leute zum Feiern kommen, nicht zum Einkaufen“, sagt Barowski.
Stadtfest etablieren
Gewerbeverein und Stadt wollen nun ein Konzept erarbeiten, wie es weitergeht. Fürs Stadtzentrum könnte sich als einziges das Musikfestival Karben-Open-Air als Anker für eine Sonntagsöffnung eignen, sagt Barowski. Zwei Ideen hat Verdi-Chef Bothner: Möglich sei ein Nachtshopping samstags bis 24 Uhr. „Hessen hat eines der liberalsten Ladenöffnungsgesetze, das kann man nutzen.“ Demnach dürfen Geschäfte im Land generell montags bis samstags zwischen null und 24 Uhr geöffnet sein.
Und Idee zwei: „Es wird Zeit, dass Karben einen guten Stadtkern bekommt, in dem ein Stadtfest etabliert wird“, sagt Bothner. Dafür signalisiert der Bürgermeister Zustimmung – zumal er gerade vor zwei Wochen die Idee eines zentralen Platzes für die Stadt vorgeschlagen hatte. Dieser könnte die Einkaufsbereiche City-Center, Selzerbrunnencenter und den geplanten Komplex „Neue Mitte“ samt Stadtbücherei auf dem Dreiecksgrundstück verbinden.
Um die Streichung des nächsten verkaufsoffenen Sonntags am 30. Oktober sei man im Gewerbevereins-Vorstand nicht herum gekommen, sagt Mike Barowski. „Wenn dann von Verdi zwei Tage vorher eine einstweilige Verfügung kommt, haben wir null Chance, noch irgend etwas zu machen.“ Immerhin gebe es nun früh Klarheit. „Damit sich niemand unnötig vorbereiten muss und Ausgaben hat.“ (den)