Karben. Durch vorzeitiges Verlängern von Kreditverträgen entstehen der Stadt Karben möglicherweise hohe Verluste. Das ist ein erstes Ergebnis der Arbeit des Akteneinsichtsausschusses zum Karbener Kreditportfolio. Ohne Vergleichsangebote einzuholen, hatte Bürgermeister Roland Schulz Anfang des Jahres Kreditverträge von rund 24,5 Millionen Euro – 95 % der Karbener Kredite – vorzeitig verlängert. Heute aber sind die Zinsen noch niedriger. Wie hoch der Verlust ist, will der Ausschuss nach Durchsicht aller Unterlagen ermitteln. Und ob der Bürgermeister die Verträge überhaupt vorzeitig verlängern durfte.
Für die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses, den das Parlament mit den Befugnissen der Akteneinsicht ausgestattet hat, war die Sitzung am letzten Mittwochabend ein Ausflug in die verzwickte Welt der Hochfinanz.
Irgendwann nach dem 15. März verlängerte der Bürgermeister rund 95 Prozent der Kredite der Stadt vorzeitig – obwohl der erste der Kredite erst Mitte Dezember ausgelaufen wäre. Dabei hatte Schulz eigenen Ausführungen zufolge gar nichts an den Krediten ändern wollen. Doch im Gespräch erst mit Mitarbeitern der Frankfurter Volksbank und danach der Sparkasse Oberhessen sei er auf die Möglichkeit aufmerksam geworden, die Verträge vorzeitig zu verlängern und damit die Zinsen massiv senken zu können.
Zweimal waren Experten der Helaba im Rathaus. „Danach haben uns erstmal die Schädel gebrummt“, erinnert sich Schulz. „Für alle Detailfragen habe ich nicht den Sachverstand und ich glaube, den brauche ich auch nicht.“ Aber das Ergebnis klang verlockend, der Bürgermeister griff zu, verlängerte die Verträge teilweise bis ins Jahr 2036: So sank der Zins für einen Kredit, den der Ausschuss beispielhaft unter die Lupe nahm, dadurch von 6,01 auf 4,41 Prozent – für Schulz eine Einsparung von 19 000 Euro innerhalb von neun Monaten, also bis zum regulären Ende des Vertrages. Bloß: Seit dem Frühjahr sind die Zinsen für langfristige Kredite entgegen der Prognosen der Helaba gesunken. Sie dürften nach Einschätzung von Ausschussvorsitzendem Michael Ottens (FWG) derzeit bei rund 4,24 Prozent liegen. Damit bezahlt Karben nun 0,16 Prozent mehr, als wenn der Vertrag erst fristgerecht dieser Tage verlängert worden wäre. Und bei einer Laufzeit von rund 20 Jahren macht das nach Ottens’ Rechnung Mehrkosten allein für den einen Kredit in Höhe von 47 000 Euro. Sein Fazit: „Wir haben dieses Jahr eine kurzfristige Entlastung, müssen aber nun 30 Jahre lang mehr zahlen.“ Dass sich ein Kreditinstitut mit seiner Prognose irren kann, findet Ottens „menschlich“. Jedoch wäre es doch „umso interessanter gewesen, noch andere Angebote einzuholen“, findet CDU-Fraktionschef Mario Beck. (FNP/d)