Ein Auftakt nach Maß: Die Sonne strahlt herab auf die zauberhafte Inszenierung und die lieblichen Melodien des Mozartschen Singspiels „Die Zauberflöte“ in der Bearbeitung von Regisseur Benedikt Borrmann. Mit dieser Premiere sind die Burgfestspiele Bad Vilbel am Sonntag in ihre 30. Saison gestartet.
Bad Vilbel. Regelmäßige Besucher der Burgfestspiele sind vorbereitet auf die Wetterlage und dieses Mal mit Sonnenbrille, Sonnenhut und Sonnencreme ausgerüstet. Alles, was irgendwie zum Luftzufächeln taugt, wird eingesetzt – und doch weichen nach und nach etliche Zuschauer in schattige Bereiche aus.
Was gar nicht so einfach ist, denn die Premiere zum Auftakt in die 30. Burgfestspielsaison ist fast ausverkauft, wie Ruth Schröfel, Dramaturgin und für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig, informiert. Die Opern-Inszenierungen für alle ab fünf Jahren haben sich bei den Bad Vilbeler Burgfestspielen etabliert. Das bestätigt sich auch in dem Einführungsgespräch im Theaterkeller vor der Aufführung. Als Theaterpädagogin Fenja Makosch fragt: „Wer war denn schon einmal in der Oper?“ gehen viele Hände der gut hundert kleinen und großen Zuschauer in die Höhe. Der dreimalige Fanfarenstoß verkündet: Jetzt ist wieder Burgfestspiel-Saison. Und schon hastet Tamino (Frederik Bak) über die Bühne, auf der Flucht vor einer riesigen Schlange. „Zu Hilfe, zu Hilfe, sonst bin ich verloren“, singt der junge Tenor gekonnt und sinkt ohnmächtig zu Boden. Und schon nimmt die rasante wie märchenhafte Geschichte ihren Lauf.
Mit sechs spielfreudigen Akteuren schafft es Benedikt Borrmann, die Oper von Wolfgang Amadeus Mozart auf den wesentlichen Handlungsstrang zu verjüngen, die dennoch von der Mozartschen Musik getragen wird. Die Musiker, unter der Leitung von Markus Höller, begleiten gekonnt die Sängerinnen und Sänger. Drei Damen in nachtblauen Gewändern als Gesandte der Königin der Nacht retten den Prinzen, in den sich alle drei verlieben. Dennoch lassen sie ihn allein zurück. In diesem Moment kommt Papageno (Harald Hieronymus Hein) des Weges und trällert unbekümmert „Der Vogelfänger bin ich ja“. Hein gibt insgesamt einen schelmischen Papageno. Der etwa gleich bei der ersten Prüfung von Sarastro durchfällt, weil er nicht schweigen kann.
Prinz Tamino und Papageno begeben sich auf Wunsch der Königin der Nacht auf die Suche nach ihrer Tochter Pamina (Paula Bohnet). Diese wurde vom Sarastro entführt. Tamino entflammt in Liebe zu Pamina, allein weil er ihr Bildnis gesehen hat. Die drei Damen (Paula Bohnet, Stefanie Woelke und Jungyun Jung harmonieren wunderbar im Trio) begleiten diese Suche. Tamino erhält als Hilfe eine Zauberflöte, um bei einer späteren Flucht festzustellen, dass selbst wilde Tiere zahm werden. Eine herrlich märchenhafte Szene, bei der die Protagonisten mit Tiergestalten über die Bühne wandeln. Papageno erhält ein Glockenspiel, mit dem er sich und Pamina aus einer brenzligen Situation retten kann.
Arie der Königin
Denn Papageno trifft in Sarastros Reich auf Pamina und beide eilen sie dem verliebten Tamino entgegen. Tamino seinerseits gerät in die Gefangenschaft von Sarastro (David Hong, der mit seinem tiefen Bass überzeugt). Er erfährt dort, dass Sarastro nur gute Absichten verfolgt, die Tochter vor der bösen Königin der Nacht retten möchte, die Sarastros Reich und Tempel zu zerstören beabsichtigt. Jungyun Jung glänzt nicht nur in ihrer Arie „Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen“. Mit Leichtigkeit und in den höchsten Tönen meistert sie hell und klar die Arie der Königin der Nacht, wofür es verdienten Zwischenapplaus gibt. Tamino und Pamina bestehen eine Feuer- und eine Wasserprüfung, beides ist elegant mit wallenden Stoffbahnen in Szene gesetzt.
Am Ende finden Tamino und Pamina zueinander und auch Papageno bekommt seine Papagena (Stefanie Woelke). Ihre musikalische Vereinigung, in der sie von vielen kleinen Kinderlein singen, beantwortet Regisseur Borrmann damit, dass dem Vogelfänger-Paar handgroße Vogeleier zugerollt werden. Ein Amüsement, das im Theaterrund mit einem vernehmlichen Lachen quittiert wird. Die beweglichen Kulissenelemente, ein treffliches Arrangement, sind mit Wüstensand und Hieroglyphen bemalt, stellen das alte Ägypten dar. Sie werden von den Akteuren hin- und hergeschoben, dienen im Hintergrund als Utensilienschrank und ermöglichen die vielen Kleiderwechsel.
Die sehr sehenswerte Aufführung bietet Vergnügen für die ganze Familie und wurde vom Premierenpublikum mit anhaltendem Applaus und zurecht auch mit Bravo-Rufen belohnt.