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Sieben Wochen Schmusekurs?

Das Wort zum Sonntag

Eckart Dautenheimer
Eckart Dautenheimer

Mit dem Aschermittwoch hat die Fastenzeit der Christenheit begonnen. Es ist eine der wenigen Fastenzeiten, die im öffentlichen Bewusstsein bezüglich des christlichen Kalenders noch übrig geblieben sind.

Seit jeher hat das Verzichten etwas damit zu tun, dass der Mensch seine seelischen Kräfte stärken will. So wie der Sportler mit viel Leidenschaft trainiert, um seine Muskeln zu stärken, damit er höhere Ziele erreicht, so trainieren Gläubige ihre spirituellen Kompetenzen, um geistlich gestärkt die Anforderungen des Alltags bewältigen zu können. Jesus ging dazu 40 Tage in die Wüste oder fuhr mit einem Boot auf dem See Genezareth, um danach den Menschen besser helfen zu können.

Seit vielen Jahren lädt die Aktion „7-Wochen-ohne“ ein, die Routine des Alltags zu unterbrechen und neue Perspektiven zu gewinnen. Dieses Jahr lautet das Motto „Sieben Wochen ohne Enge – Großes Herz!“ Als ich das vor kurzem jemanden erzählte, kam prompt die scherzhafte Antwort: „Gute Idee. Ich wollte mir sowieso neue Kleider kaufen.“ Wird die Fastenaktion noch als solche verstanden? Ich habe meine Zweifel und merke, dass ich den echten Verzicht im Titel vermisse. Es kommt mir wie ein Schmusekurs vor, bei dem man sich nicht traut, auch Unangenehmes zu sagen und zu ermutigen, tatsächlich auf etwas zu verzichten. Dabei können wir von unseren muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern lernen, die ab dem 7. Juni im Ramadan auf Essen und Trinken während des langen Sommertages verzichten. Gerade auch bei Jüngeren hat dies eine große Attraktivität. Und wer schon mal über eine längere Zeit gefastet, auf Essen, Alkohol oder Chips verzichtet hat, weiß, wie gut sich das anfühlt, wenn man es geschafft hat. Sportler werden mit einem guten Wettkampfergebnis belohnt. Menschen, die eine Zeitlang auf Genussmittel verzichten, werden mit besserer Gesundheit belohnt. Und Gläubige, die aus religiösen Gründen fasten, werden mit den Augen ihres Herzens besser Gott und die Mitmenschen sehen können.

Von daher wünsche ich mir für die nächsten Fastenaktionen einen echten Fastentitel, denn seine Klarheit ist eine Stärke. Einen Schmusekurs hat das Christentum mit seiner großen Strahlkraft nicht notwendig. Allen, die in den nächsten 7 Wochen fasten, wünsche ich Durchhaltevermögen, große Erkenntnis und Gottes Erleuchtung.

Herzlichst Ihr

Pfarrer Eckart Dautenheimer,

Karben