Bad Vilbel. Am Donnerstag startet mit dem Musical »Saturday Night Fever« die zweite Abendpremiere der Burgfestspiele (nach Redaktionsschluss). Der knallig bunte Kinofilm aus dem Jahr 1977 definierte ein ganzes Jahrzehnt: Er löste mit den Hits der Bee Gees die weltweite Discowelle aus, setzte Mode-Trends, machte John Travolta zum Star. Bei einem Probenbesuch konnte schon vorab ein Eindruck vermittelt werden, worauf die Besucher der bis September auf den Spielplan stehenden Vorstellungen gespannt sein dürfen.
»Ah, ha, ha, ha, stayin‹ alive«, schallt es aus der alten Reithalle, die als Probebühne fungiert. Eine Truppe junger Darsteller des Musicals probt gerade. Und auch wenn die Kostüme, die sich mit Schlag- und Lederhosen sowie bunten Hemden und Oberteilen stark an eben jenes Jahrzehnt anlehnen, derzeit noch fehlen – die Magie der 70er Jahre ist schon da.
MEHR TANZSZENEN
Wir befinden uns im Brooklyn des Jahres 1977. Abseits der bunten Discowelt geht es in den Straßen rau zu. Obwohl man angesichts des Titels und der Melodie ein lebensfrohes Stück erwartet, werden alltägliche Probleme in den Slums einer Großstadt aufgezeigt – Themen wie Raub, Vergewaltigung und Tod. »Es ist im Grunde ein ernstes Stück, das macht es für mich sehr interessant«, erklärt Regisseur Benedikt Borrmann.
Auch die Übertragung des Filmplots ins Musical ist keine leichte Aufgabe. Bei einer Länge von rund 120 Minuten kommt der »Tanzfilm« mit gerade einmal 14 Minuten Tanzszenen aus, sie wurden für das Musical stark erweitert. Zahlreiche Musikstücke wurden zudem erst nach der Veröffentlichung des Films überhaupt geschrieben und erklingen daher nur im Musical – und sie wurden an die Darsteller und deren Stimmlagen angepasst. Und so erklingen die Stücke modern und nicht etwa im altbekannten Stil. Federführend ist hier der Musikalische Leiter Markus Höller, der auch die begleitende Band, bestehend aus Bläsern, Bass, Gitarre, Keyboard und Schlagzeug koordiniert.
Dass sich die 70er nicht nur anhand der bunten und ausgefallenen Klamotten von der heutigen Zeit unterscheiden, bemerkten die singenden und tanzenden Männer und Frauen, die allesamt aus dem deutschsprachigen Raum stammen, sehr schnell. »Damals stand der Spaß beim gemeinsamen Tanzen im Vordergrund – heutzutage ähneln die Menschen auf den Tanzflächen der Discotheken eher einer Schafherde«, kommentiert Choreographin Amy Share-Kissiov.
STIL BEIBEHALTEN
Den Tanzstil der 70er Jahre wollte man beibehalten. Das bedeutet, dass es keine Hip-Hop-Elemente, wie etwa Twerking gab. Vielmehr werden die Tänze durch viel Arm- und Beckenbewegungen verstärkt. »Darauf muss ich die jungen Darsteller immer wieder hinweisen, gerade bei improvisierten Tanzeinlagen«, so Share-Kissiov. Auch für Hauptdarsteller Sascha Luder (30), der Tony Manero spielt, ist es eine neue Erfahrung, so zu tanzen und die 70er Jahre in den Körper zu bringen. »Die Bewegung und die Outfits wirken heute eher befremdlich und belustigend«, sagt er.
Auch häufige Szenenübergänge sind nicht einfach darstellbar. Gelöst hat Bühnenbildnerin Elke König das Problem mit einer multifunktionalen Bühne. Die gesamte Handlung spielt konstant in einem einzigen großen Raum. Mittels Klapp-Elementen können etwa Graffitiwände ins Auge des Betrachters gerückt werden, um den Szenenwechsel in die Straßen zu verdeutlichen.
»Auf diese Weise stören wir den Fluss des Stückes nicht, vermeiden längere Pausen zwischen den Szenen und können so eins zu eins dem Filmdrehbuch folgen«, so Borrmann. Den größten Umbau stellt die Discoszene dar, wenn bunte Lichter blinken und Glitzerelemente reflektieren und die Discokugel von der Decke baumelt.
Das Ensemble ist voller Vorfreude auf den Umzug in die Burg und die Premiere. Ebenso die Musicalfans, so scheint es. Denn Intendant Claus-Günther Kunzmann verkündet: »Noch keine Produktion hat im Vorhinein solch große Umsätze gemacht – die Nachfrage ist extrem groß«. Von Mario Hess