Bad Vilbel. Vor einem halben Jahrhundert wurde Massenheim im Zuge der Gebietsreform nach Bad Vilbel eingemeindet. Josef Knipf hat die Entwicklung des Ortes miterlebt und dokumentiert sie für die Nachwelt.
Josef Knipf ist ein versierter Kenner der Massenheimer Geschichte. Der gebürtige Ungar hat die Entwicklung des Ortes nach dem Zweiten Weltkrieg vom kleinen eigenständigen Dorf zum heutigen Stadtteil Bad Vilbels miterlebt. Angeregt durch die Berichterstattung zum Jubiläumsjahr »75 Jahre Heilsberg«, hat sich Josef Knipf, der viele Jahre als Ehrenamtlicher im Heimatmuseum Massenheim aktiv war, entschlossen, die Entwicklung von Massenheim von 1945 bis 2000 für die Nachwelt festzuhalten. Auf einem Plan hat er die Gemarkungsgrenzen bis zur Eingemeindung 1972 sowie die Ausweisung der zwölf Baugebiete anschaulich im Maßstab 1:2000 visualisiert. »Die Massenheimer Gemarkung ist 3,24 Quadratkilometer groß.«
Kurzer Abriss von
langer Besiedlung
Recherchiert hat das langjährige Ortsbeiratsmitglied in zahlreichen Unterlagen, wie denen von Stadt und Kulturamt zur Geschichte Massenheims veröffentlichten. »Ich habe einen kurzen Abriss von der jungsteinzeitlichen Besiedlung um 5000 vor Christus bis ins Jahr 2015 erstellt. Vor acht Jahren lebten in Massenheim 2764 Einwohner. Drei von ihnen sind Landwirte. 1965 lebten 1959 Menschen im Ort, von denen 17 Landwirte waren.« Die Einwohner-zahlen hat er sich beim Statistischen Bundesamt und der Stadt besorgt. Am Ende des Zweiten Weltkrieges hatte das Dorf 450 Einwohner und 1949 laut amtlicher Liste 489. Zu ihnen gehörten 72 Ausgebombte sowie 142 Vertriebene und Flüchtlinge. Sie wurden bei Massenheimer Familien einquartiert, obwohl diese selbst in beengten Verhältnissen wohnten. »Bis zu drei Familien lebten in kleinen Häusern.«
Wohnraum gesucht und beschlagnahmt wurde mit Hilfe des Wohnungslenkungsgesetzes. Sechs Ausschussmitglieder gingen von Haus zu Haus, notierten die Zahl der Zimmer und Betten. Doch es lief nicht alles so, wie von den Behörden gewünscht. Und so drängte am 23. Mai 1946 der Friedberger Landrat, der zugleich Kreiskommissar für Flüchtlingswesen war, zur Eile. Er vermerkte, dass »nicht so zugearbeitet werde, wie es unter den jetzigen Verhältnissen zu erwarten sein dürfte«. Jeder Familie wurden 14 Quadratmeter Wohnraum zugestanden. »Geschichte wiederholt sich. So wie nach dem Zweiten Weltkrieg sind auch heute wieder Vertriebene und Flüchtlinge bei vielen Bürgern nicht willkommen«, sagt Knipf.
Im Juli 1946 forderte Oberregierungsrat Elsässer in Friedberg, dass »aller größte Anstrengung bei der Freimachung von Unterkunftsraum der Flüchtlinge walten müsse«.
Von Militärregierung
angewiesen
Von der Wohnungsnot betroffen waren auch Spätheimkehrer, die keinen Platz mehr in ihrem eigenen Haus fanden. Trotzdem wollte der Gemeinderat keine Baugebiete ausweisen. Und so wies die Militärregierung ihn dazu 1949 an. »Der Plan und die Originaldokumente befinden sich im Archiv des Heimatmuseums Massenheim. Sie dürfen 100 Jahre lang nicht veröffentlicht werden.«
Das erste Baugebiet 1951 entstand Am Weinberg und das zweite 1955 Am Weißen Stein. »Anspruch auf einen Bauplatz hatten neben den Eigentümern auch alle, die in beengten Verhältnissen lebten.« Es folgten 1959 die Baugebiete Oberweg, Mittelweg und Am Wäldchen, 1960 Banggärten und 1962 Im Mühlengrund, Hasenpfad, Taunusblick, Erlenring und Am Unteren Steg. Massenheim wuchs weiter. 1968 folgte das Baugebiet Eschbacher Weg, 1969 An der Au und 1970 Gartenstraße. Gebaut wurden der evangelische Kindergarten und die katholische Kirche.
Die Gebietsreform 1972 betraf auch Massenheim. Am 21. April 1972 stimmte die Gemeindevertretung der Eingemeindung nach Bad Vilbel zu und am 25. April 1972 die Bad Vilbeler Stadtverordnetenversammlung. Der Siedlungsdruck hielt an, so wurde 1973 das Baugebiet Am Stock ausgewiesen. Es folgten 1976 Am Römerbrunnen, An der Pfingstweide, An der Bleiche und 1978 An der Ziegelei. »Am 30 Juni 2008 sind in Massenheim 2773 Einwohner gemeldet. Von ihnen haben 2479 hier ihren Hauptwohnsitz.« Durch die Ausweisung von Gewerbegebieten wächst der Stadtteil weiter.
Von Christine Fauerbach