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Wo Dorfgeschichte strahlt

Festzug zum Büdesheimer Laternenfest zeigt sich origineller denn je – Neue Königin tritt Familienerbe an

Mit über 50 Zugnummern und knapp einstündiger Verspätung hat der Festzug zum Laternenfest durch das bunt beleuchtete Büdesheim geführt. Fußgruppen und die Wagenbauer der Vereine haben sich unter dem Motto „1200 Jahre leuchtende Geschichte“ viele originelle Ideen einfallen lassen, um die Historie des Schönecker Ortsteils Büdesheim darzustellen.

Schöneck. Ludger Stüve, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Büdesheimer Laternenfest, bietet dem Volk im Gewand eines Mönches im Lutherjahr Ablassbriefe an. Thorsten Stolz (SPD), Landrat des Main-Kinzig-Kreises, trägt das Kostüm eines Schultheißen aus dem 13. Jahrhundert. „Im vergangenen Jahr habe ich das Versprechen gegeben, falls ich Landrat werde, beim Festzug mitzulaufen. Jetzt löse ich es ein“, sagt er.

Doch das Fest hat zu diesem Zeitpunkt schon die ersten Höhepunkte hinter sich. Laternenkönigin Madeline I. (Reis) und ihre Hofdamen Lara Promess und Kim Sophie Wenzel wurden am Freitag mit Tanzauftritten der Abteilungen „Dance & more“ des Sport-und Kulturvereins Büdesheim (SKV) und den „Funky Diamonds“ des Karnevalvereins im voll besetzten Festzelt gekrönt.

Ausnahmezustand

Das Zelt wurde wegen des 1200-jährigen Bestehens von Schöneck erstmals bereits am Donnerstag für den Auftritt von Komödiant Johannes Scherer geöffnet. Darunter befanden sich auch andere Hoheiten wie die Bad Vilbeler Quellenkönigin Jasmin I. und die Niederdorfeldener Kürbiskönigin Victoria I.

„Nach monatelanger Vorfreude hat unser beliebtes Fest begonnen, und die Straßen von Büdesheim sind geschmückt“, ruft die scheidende Laternenkönigin Isabell II. dem Publikum zu. Sie habe viel erlebt, sagt sie. Das Laternenfest stelle eine besondere Beziehung zwischen Mensch und Region dar. Nachfolgerin Madeline I. hält ihre Antrittsrede knapp. Das Publikum soll das Fest genießen, unvergessliche Tage im Rahmen des Jubiläums erleben, die eindrucksvollen Lichter, die Angebote des Vergnügungsparkes und die Festumzüge genießen. Sie träumte schon als Kind davon, einmal Laternenkönigin zu sein, denn schon ihre Oma Ilse, ihre Mutter Beate und Tante Iris repräsentierten in dieser Rolle das Laternenfest.

Leider bleibt der Abend nicht ganz harmonisch: Bei einer Schlägerei kommt es zu leichten Verletzungen.

Die Lautstärke auf der Nördlichen und Südlichen Hauptstraße schwillt am Samstag stündlich an. In Partystimmung sind die Beusemer und Gäste schon seit den frühen Abendstunden. Büdesheim befindet sich im Ausnahmezustand. Das Laternenfest zum historischen Jubiläum ist dieses Mal noch bunter, größer und lauter. Um das Blasorchester Büdesheim haben sich sieben Spielmannszüge zum Platzkonzert auf dem Rathausplatz formiert. Darunter ist auch die „Batterie Fanfare La Renaissance“ aus der Partnerstadt Anould in Frankreich.

Ortsdiener voran

Die Entzündung der Festbeleuchtung am Rathaus bildet dann den Auftakt zur „leuchtenden Geschichte“. Ab 20.30 Uhr versammeln sich mehr und mehr Menschen an der Hauptstraße, um sich einen Platz zu sichern. Die neunjährige Coco aus Rendel ist mit ihren Eltern fast wie in jedem Jahr angereist, um sich den Festzug anzusehen. Den Vergnügungspark auf dem Festgelände hat sie bereits erkundet.

Am Samstag sind sechs Polizeibeamte von Maintal und anderen Stationen unterwegs, zusätzliche Streifen und Security-Mitarbeiter auf dem Festgelände und im Zelt. Über Funk wird eine nicht ansprechbare Person an der Absperrung gemeldet. Ein Rettungswagen wird angefordert.

Dann hat sich endlich der Festzug aus der Wiesenau und Brückgasse in Bewegung gesetzt, schlängelt sich mit vielen Zwischenstopps durch die Gassen. „Jetzt geht’s los“, rufen die Zuschauer und winken dem Ortsdiener mit Schelle, dem Vorstand der Arbeitsgemeinschaft und den Ehrengästen zu, die den Festzug anführen. Die haben mehrere Kilometer Strecke in Stopp- und Go-Manier zu bewältigen und reihen sich ein in die Schlange der originellen Motivwagen, Cabrios mit Gast-Hoheiten, Oldtimer-Traktoren des Traktorenvereins Büdesheim, Fußgruppen der Mini- und Jugend-Feuerwehr Schöneck, der Bands und Fanfarenzüge.

Fußgruppen des FC 66 Büdesheim und der Kindertagesstätte Sonnenwelle überzeugen mit einer Darstellung zum Thema Burgleben oder die Gruppe Enchanted-Gym Gronau 2007 mit der Drachensaga. Weitere historische Motive sind das Büdesheimer Schloss und die alte Dorfschmiede. Die Bogensportfreunde Schöneck kommen mit Sau und Zaubertrank auf dem Wagen und erwecken die Comic-Helden Asterix und Obelix zum Leben.

Autogramme & Rosen

Viele Motivwagen sind mit Lichterketten geschmückt. Die Taktstöcke der Musiker leuchten weiß und blau, wenn sie auf die Trommeln treffen. An ein romantisches Märchenmotiv erinnernd, zeigt sich der Thronwagen der Büdesheimer Laternenkönigin Madeline I.. Sie verteilt Autogrammkarten und rote Rosen. Mit viel Qualm und Gebimmel macht das nachgebaute Stockheimer Lieschen des Zugausschusses auf sich aufmerksam.

Der Sport- und Kulturverein (SKV) Büdesheim lässt eine alte Postkutsche durch Beusem rollen und schickt Einradfahrer auf die Strecke. „Oh, wie ist das schön“ singen alle gemeinsam, während die Jugend der Feuerwehr Büdesheim mit Pechfackeln vorbeizieht.

Am Rand des Festzuges fällt ein Mann in Kutte auf. Mönch Ludger wirbt mit Ablassbriefen in der Zigarrenkiste laut für die Lossagung aller Höllenstrafen, wobei „die Wollust nur heute inbegriffen ist“.

„Toll gemacht“, kommentiert Gabi Fauerbach aus Ostheim den Festzug, die mit Tochter Sara jedes Jahr zum Laternenfest kommt. Dominik Maxheimer ist aus Haßloch in der Pfalz nach Heldenbergen gezogen. „Die Stimmung und Unterhaltung haben mir gefallen. Der Festzug war abwechslungsreich, mit Humor verbunden und authentisch.“