Für die Büdesheimer Waldwichtel gibt es (fast) kein schlechtes Wetter: Wenn es nicht gerade zweistellige Minusgrade hat oder orkanartig stürmt, sind die Kinder draußen. Sie sind die neue Waldkindergarten-Gruppe der Kita Löwenzahn.
Schöneck. Gerade eben haben sie noch auf umgelegten Baumstämmen im Kreis gesessen und genüsslich Apfel, Banane und Brote verschlungen. Doch jetzt ist’s genug mit der Pause: Kim, Johanna, Lena, Lilly, Sarah und Sebastian rennen los in Richtung Graben und wagen sich auf die dicken Stämme, die die kleine Vertiefung lose überbrücken. „Uaaah, ich falle gleich“, ruft Lilly aufgeregt, kann aber gerade noch die Balance halten. Motorisch gesehen ist das, ganz nebenbei, eine hervorragende Übung für die Kleine und ihre Freundinnen.
„Das Gleichgewicht wird hier, auf dem unebenen Waldboden, ganz automatisch geschult“, erklärt Heike Schmidt-Günther. Sie ist eine der beiden Betreuerinnen der neuen Waldgruppe der Kindertagesstätte Löwenzahn. Jeden Vormittag von 9 bis 13 Uhr verbringen die Waldpädagogin und ihre Kollegin Nicole Ziegler mit den 20 Kita-Kindern im Kühwald zwischen Büdesheim und Kilianstädten. Seit Januar gibt es die neue Gruppe, und seitdem mussten Kinder und Erzieher nur einige Male drinnen, in der Kita Löwenzahn, bleiben – als die Temperaturen unter minus zwölf Grad fielen und ein derart eisiger Wind wehte, dass gerade die Kleinsten schnell ausgekühlt wären. Auch bei heftigen Windböen wird’s nichts mit draußen spielen. Zu groß wäre die Gefahr, dass Äste herabfallen.
Ansonsten aber lassen sich die Waldwichtel weder von Regen noch von Kälte schrecken. Ausgestattet mit wind- und wetterfester Kleidung, Matschhosen und Gummistiefeln toben sie im Freigelände umher. Das bleibt nicht ohne Folgen: „Die Kinder sind viel ausgeglichener, haben großen Appetit und sitzen mittags, wenn sie zum Essen zu uns in die Kita kommen, ruhig am Tisch“, sagt Kita-Leiterin Hella Hübner. Und gesünder seien sie auch, die Waldkinder. „Es läuft sehr gut, die Kinder haben sich zu einer guten Truppe zusammengefunden“, befindet auch Heike Schmidt-Günther. Der soziale Umgang sei ein ganz anderer, weil viel intensiverer: „Die Kinder sind hier aufeinander angewiesen, da kann keiner weglaufen, wenn es einmal Streit gibt.“
Der Tag der Waldwichtel beginnt mit einer Frühstücksrunde und einem Morgenkreis, in dem zum Beispiel eine Geschichte vorgelesen wird. Danach dürfen die Kinder frei spielen, um 11 Uhr steht das zweite Frühstück auf dem Programm. Dann ist erneut die Fantasie der Kinder gefragt: Während die Mädchen auf den Baumstämmen balancieren, haben sich Chiara und Fiete in das Holz-Tipi zurückgezogen und an den abgesägten Baumstamm gesetzt. „Wir kochen jetzt“, verkünden sie auf Nachfrage. Der Stamm ist ihr Herd, die Blätter die Zutaten – wer braucht da schon eine Plastik-Kinderküche? (zlp)