Bad Vilbel hat sich vom Straßendorf zum Zentrum mit urbanem Charakter gewandelt. Zumindest in den vergangenen zehn Jahren hatte Bauamtsleiter Erik Schächer daran großen Anteil. Zum 30. November geht er aus gesundheitlichen Gründen in den vorzeitigen Ruhestand.
Bad Vilbel. Es gibt wohl kaum einen Bauamtsleiter in der Region, der einen solch generalistischen Ansatz verfolgt wie Erik Schächer. Kein Wunder, hat der 51-Jährige doch gleich drei abgeschlossene Studiengänge aufzuweisen. Angesichts der immensen Bauvorhaben Bad Vilbels ganz sicher der richtige Mann am richtigen Ort. Doch nicht mehr lange.
Bereits in den vergangenen Jahren wurden aus kurzen Krankenhausaufenthalten Ausfälle von mehreren Monaten. „Es tut weh, aber wenn ich weitermache, geht das auf Kosten der Kollegen“, begründet Schächer den Entschluss, zum 30. November aufzuhören.
Schwieriger Entschluss
Der Grund ist eine Sarkoidose, eine systemische Erkrankung des Bindegewebes. „Es gibt sehr hässliche Varianten, ich habe noch eine der besseren erwischt“, sagt Schächer. Doch eine wiederkehrende Mattigkeit verhindert kontinuierlichen Einsatz. „Ich will nicht hier sitzenbleiben, wenn ich nicht mehr der Beste für diese wichtige Aufgabe bin“, begründet Schächer den für ihn sehr schwierigen Entschluss zusammen.
Dabei wird es überaus spannend in den kommenden Jahren. „Bis 2020 wird in Bad Vilbel rund eine halbe Milliarde Euro verbaut“, schätzt Schächer. Allen voran im Quellenpark, aber auch das Kombibad und der Umbau des Kurhauses sind zu nennen. Für Schächer ist das nur eine Fortsetzung der Entwicklung, die schon vor langer Zeit begonnen hat. „Mit der Entscheidung, viel Geld in den Bau der Nordumgehung zu stecken, wurden wichtige Weichen gestellt“, sagt Schächer.
Überhaupt sei eine langfristige Strategie in Bad Vilbel zu bemerken. Im Dunstkreis von Frankfurt könne man Dinge tun, die woanders nicht möglich seien. Das habe nicht nur der Magistrat gespürt, sondern vor allem CDU-Stadtrat und Stadtwerke-Chef Klaus Minkel, „ein Glücksfall für die Stadt“, habe Ideen „ohne Angst vor großen Zahlen“ entwickelt. Die Neue Mitte etwa.
„Keine Bank hätte einen Euro dafür gegeben angesichts von Hessen-Center, Nordwestzentrum und Zeil.“ Doch in Verbindung mit Investor Hansgeorg Jehner, einem ausdauernden Zusammenklauben der Grundstücke und Durchhaltevermögen gegenüber eines Bürgerbegehrens sei hier ein urbaner Ort entstanden, der Bad Vilbel von anderen Kommunen unterscheide.
Das gleiche Gespann sei auch für die Europäische Schule zuständig und habe hier ein Bildungsinstitut mit hohem Renommee geschaffen. Letztlich habe man auch keine Angst davor gehabt, Millionen für Flächen im neuen Viertel Quellenpark auszugeben, „das erweist sich als Füllhorn für die Stadt“ sagt Schächer. Bad Vilbel entwickle sich in vielen Bereichen, „es gibt keine Angst vor Beton und Geige“, verweist er auch auf weiche Faktoren wie die Burgfestspiele oder die Musikschule.
Engagiert und effektiv
Schächers Team mit 20 Leuten im Bauamt sei zwar schlank aufgestellt, aber hochqualifiziert. „Wir arbeiten effektiv, engagiert und kooperativ. Wir können innerhalb von 30 Minuten alle Abteilungen an einem Tisch haben, wenn sich ein interessantes Projekt ergibt. Das gibt es in anderen Kommunen nicht“, ist Schächer überzeugt.
Das zeige sich auch rund um den Nordbahnhof. Wenig ansehnliche Bauten aus verschiedenen Jahrzehnten seien verschwunden, das Viertel sei auch durch Landesgelder aufgewertet worden. „Das hat private Investoren veranlasst, hier Geld zu investieren“, sagt Schächer.
Nicht alles gelang
Aber nicht alles sei gelungen. Schächer bedauert, dass die Finanzkrise der Ansiedlung der Radeberger-Gruppe einen Strich durch die Rechnung gemacht habe. Auch die immer unwahrscheinlicher werdende Ansiedlung von Segmüller wegen verschiedener Gerichtsverfahren ärgert ihn.
Manchmal aber stecke der Teufel im Detail, so beim Auenspielplatz in Gronau. „Das deutsche Baurecht mit großen Möglichkeiten der Teilhabe ist gut“, sagt Schächer, der als Mentor für Baurecht für die Fernuniversität Hagen tätig ist. „Aber in seltenen Fällen landet man in Schilda, dann karikiert sich das System selbst“, bedauert er. Doch beim Spielplatz sei das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Nun zieht sich Schächer zurück, er braucht mehr Zeit für sich. „Sport tut mir gut im Umgang mit der Krankheit.“ Doch auch weiterhin will er viel lesen und reisen. „Mich faszinieren Städte, in denen etwas zum ersten Mal geschehen ist.“ London etwa, wo nicht nur die erste U-Bahn, sondern auch die erste unter einem Fluss hindurch geschaffen wurde.
Die Stadt sucht nun einen Nachfolger für Schächer, einige Bewerbungen sind schon im Rathaus eingetroffen. Die Stadt will möglichst zum 1. Dezember einstellen. Schächer steht bereit, seine Erfahrungen noch weiterzugeben.
Drei Studienabschlüsse
Schächer wuchs in Bad Vilbel auf, ging hier zur Stadtschule, wechselte dann ans Augustinergymnasium nach Friedberg. Nach dem Abitur an der Augustinerschule Friedberg – gemeinsam übrigens mit Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) und dem Bauausschussvorsitzenden Jens Völker (CDU) – studierte er Bauingenieurwesen an der Technischen Hochschule Darmstadt, arbeitete nach seinem Abschluss im Jahr 1991 in einem Ingenieurbüro in Darmstadt. 1994 bis 1998 studierte er Umweltwissenschaften und von 1998 bis 2013 Wirtschaftswissenschaften. Letzteres Studium wurde unterbrochen durch seine Zeit als Erster Stadtrat in Maintal. Seit 1. April 2008 ist er Bauamtsleiter in Bad Vilbel. Und seit kurzem sitzt er als Nachrücker für die CDU-Fraktion in der Maintaler Stadtverordnetenversammlung. (kop)