Bad Vilbel. Bündnis 90/DIE GRÜNEN ist die einzige Partei, die von Anfang an gegen eine Bebauung des Gebietes „Auf der Schleid“, unabhängig von den Interessen Radebergers, war und ist. Sie halten das 80 Hektar große Baugebiet ,Quellenpark“ (bestehend aus den Bereichen ,Am Stock“, ,Krebsschere“ und ,Auf der Schleid’) für überdimensioniert und ermuntern dazu, nicht traurig zu sein über die gescheiterte Ansiedlung der Radeberger-Gruppe (wir berichteten). In der größeren „Krebsschere“ tue sich seit 10 Jahren nichts. Zwar sei auch hier die Option eines Interessenten öffentlichkeitswirksam bejubelt worden, aber wie bei Radeberger wurde die Option nicht gezogen.
Die große Hoffnung, dass nach der Inbetriebnahme der Nordumgehung Leben in die Krebsschere komme, habe sich nicht erfüllt, betonen die Grünen. „Aus taktischen Gründen wird die in der ,Krebsschere’ geplante Wohnbebauung erst nach der Ansiedlung der ersehnten Dienstleister, die 10 000 Arbeitsplätze schaffen sollen, realisiert. „Bis dahin bleibe das Kapital der Stadt in diese Grundstücke gebunden, im wahrsten Sinne des Wortes immobil und schränkt die Liquidität der Stadt ein“, kritisieren die Grünen. Daher sei es verständlich, dass die Stadt in der Radeberger-Gruppe den „Finanzierer für ihre Geldprobleme“ gesehen habe. Doch fangen ihrer Ansicht nach Irrtum und Legendenbildung an.
Die Stadt hätte den Bereich „Auf der Schleid“ für 24 Millionen Euro verkauft, das sind 110 Euro pro Quadratmeter. Die Stadtverordnetenversammlung (SSV) hatte jedoch ursprünglich beschlossen, Gewerbegrundstücke in der „Schleid“ zu 290 Euro und Wohngrundstücke zu 337 Euro, inklusive Erschließung, zu verkaufen. Der mit Radeberger vereinbarte Verkaufspreis deckt nach Berechnungen der Stadt gerade den Ankauf und die Herrichtungskosten. „Die Stadt hätte bei diesem Geschäft lediglich Geld gewechselt und im Gegensatz zu Verkäufen in der Krebsschere, die zu 256 Euro/qm erfolgten, keinerlei Ertrag gehabt, im Gegenteil – nach unseren Berechnungen hätte sie noch einen Verlust eingefahren“, argumentieren die Grünen.
Selbst wenn die „Tigerentenkoalition“ die Gewerbesteuer nicht abschaffe, wäre Radeberger nicht der große Geldbringer geworden. Dr. Stöhr habe mit einer sechs- bis siebenstelligen Summe als Gewerbesteuer gerechnet, so die Grünen
„Wenn man berücksichtigt, dass die Gewerbesteuer von Radeberger ein bis zwei Millionen Euro in Frankfurt beträgt und der Hebesatz dort bei 460 Punkte liegt, dann ist es leicht auszurechnen, dass die Bruttogewerbesteuer bei 300 Punkten in Bad Vilbel zirka 500 000 bis eine Million Euro beträgt. Wenn man weiter berücksichtigt, dass von der Gewerbesteuer nur 30 Prozent bei der Gemeinde verbleiben, reden wir von einem Betrag zwischen 150 000 bis 300 000 Euro und das für die unwiederbringliche Betonierung von 23 Hektar besten Ackerbodens“, bilanzieren die Grünen.
Auch mit Blick auf Arbeitsplätze wäre die Radeberger-Gruppe ein schlechtes Geschäft geworden, so die Grünen. Radeberger hätte lediglich 450 neue Arbeitsplätze nach Vilbel verlagert, „durch die Zentralisierung und Modernisierung gehen dem Arbeitsmarkt aber bis zu 200 Arbeitsplätze verloren!“
Es hätte aber auch weitere Nachteile gegeben. Der Schulweg der Kinder von Dortelweil hätte sich durch den Umweg um das Radeberger-Gelände verlängert und wäre nicht ungefährlicher geworden. Zudem hätte eine neue Brücke über die Nordumgehung gebaut werden müssen.
Die Grünbrücke hätte am Zaun von Radeberger geendet und wäre somit nicht mehr nutzbar gewesen. Der Zweck der Landschaftsbrücke, Tieren einen Wechsel über die Nordumgehung zu ermöglichen, wäre verbaut gewesen. Die Grünfläche wäre zu einem begrünten Parkplatz reduziert, eine Streuobstwiese plattgemacht worden. Der seit 1929 bestehende Quellenschutz wäre ersatzlos gestrichen werden müssen und in die Kalt- und Frischluftzone wäre eingegriffen worden. Durch den 24-Stunden Betrieb wäre es zu einer erheblichen Feinstaubimmission gekommen – bei mindestens 200 Lkw-Bewegungen, denn Radeberger sei in erster Linie ein Logistikunternehmen mit angeschlossener Brauerei. Beim Mälzen wären „Geruchsbelästigungen“ entstanden, die vor allem die Einwohner von Dortelweil und Massenheim zu spüren bekommen hätten.
Es wäre ein Hochregallager (in der Höhe wie Stada, anzuschauen in Florstadt) hingesetzt worden. Hochregallager, Lkw-Aufkommen, Lärm- und Geruchsbelästigungen sowie Feinstaubbelastung hätte die Attraktivität der sich südlich der Nordumgehung anschließenden Krebsschere für hochwertige Dienstleister vermindert, nehmen die Grünen an. Im Kontext ihrer Argumente seien jetzt alle aufgefordert, darüber zu diskutieren, wie im Gewerbegebiet „die Zukunft dort aussehen soll“. Hier könnte die Stadt nach Ansicht der Bündnisgrünen beweisen, „ob sie bereit ist, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen, und die Bürger jetzt zur Ideenfindung und zum Dialog ausdrücklich und ohne Vorbehalte einlädt“, heißt es abschließend in der Presseerklärung. (sam)