Bad Vilbel. Vor dem Vergessen bewahren und den Blick für die noch vorhandenen kulturhistorischen Landschaften vor Ort schärfen will die Ausstellung „Alltag macht Geschichte – Kulturhistorische Landschaftselemente in der Region Rhein-Main“. Der Planungsverband Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main (PV) hat kulturhistorisch wertvolle Objekte zusammen mit Kulturdenkmälern erfasst und ein regionales Kulturlandschaftskataster erstellt.
Der Erste Beigeordnete des Planungsverbands, Jens Scheller, eröffnete mit Claus-Günther Kunzmann, Vorsitzender des Geschichtsvereins, und den PV-Mitarbeiterinnen Mechthild Baukholt und Beate Schwarz, die Wanderausstellung im Foyer des Kurhauses.
„Die Ausstellung ist eine Art Aufreißer. Sie will die Vielschichtigkeit des Themas zeigen. Die Abbildungen und Texte sollen die Bürger zum Nachdenken darüber anregen, was an bestimmten Stellen war. Speziell für Bad Vilbel wurden drei zusätzliche Tafeln entwickelt. Diese zeigen historische Grenzsteine, Epitaphe auf dem Friedhof und die Kohlensäurescheideanlage“, sagt Kunzmann. Wer mit wachen Augen durch die Landschaft gehe, der könne die oft unscheinbaren Zeugen der Vergangenheit erkennen.
Zu Relikten in unseren Kulturlandschaften gehören zum Beispiel Römerstraßen, Wegekreuze, Hohlwege, Gerichtsbäume oder Kalkbrennöfen. Derzeit sind 6817 Baudenkmäler, Bodendenkmäler und sonstige kulturhistorische Landschaftsteile im digitalen Geographischen Informationssystem des Planungsverbandes Ballungsraum registriert und zugeordnet.
Zu den spannenden Zeugnissen, die es in der Kurstadt zu entdecken gibt, gehören die von Helmut Pergande 1987 in den Geschichtsblättern dokumentierten historischen Grenzsteine und die Epitaphe, die Erich Seipp 1997 beschrieb. Zu letzteren gehören die drei Sarkophage der Familie Mergentheim, der des Metzgermeisters und Bürgermeisters Johann Jacob Brod aus 1721 und die der Familie Zuber aus 1711. Ihnen ist zu entnehmen, das Nicolas Zuber Schultheis (Bürgermeister) in Vilbel war und Heinrich Zuber sein Geld als Bierbrauermeister und Gastwirt verdiente. Die Epitaphe sind in der alten Friedhofsmauer eingelassen.
Einen Blick zurück in die Geschichte erlauben auch die Grenzsteine. Sie tragen Wappen und Helmzier, in ihre Oberfläche wurden Ortszeichen, Hausmarken, Buchstaben oder Buchstabenverbindungen von Hoheitsträgern eingemeißelt. Interessant ist auch die Geschichte der Kohlesäurescheideanlage an der Nidda. Die artesische Quelle des Friedrich-Karl-Sprudels stößt in regelmäßigen Abständen kohlensäurehaltiges Wasser aus 287 Meter Tiefe nach oben. 1930 wurde sie von Albert Vogelsberger erschlossen. Sie liegt auf der „Dottenfelderhof Seite“, die früher zu Preußen gehörte. Da in Preußen Quellenschutz galt, das gegenüberliegende Ufer der Nidda aber zum Volksstaat Hessen gehörte, wo es ein solches Gesetz nicht gab, wurde das Wasser über eine rund eine Kilometer lange Leitung auf die andere Seite geleitet. (fau)
Die Ausstellung ist bis zum 8. Dezember im Foyer des Kurhauses zu sehen.