Eine Stadt im Ausnahmezustand: Seit Samstag feiern wir den 194. Bad Vilbeler Markt! Zehntausende Besucher werden bis Sonntag erwartet. Runde Geburtstage von zwei wichtigen Institutionen bringen noch mehr Laune auf den Festplatz.
Bad Vilbel. Trotz hoher Sicherheitsauflagen haben sich die Bad Vilbeler Vereine ihr Festzugs-Vergnügen nicht trüben lassen. Auch mit nur 25 Nummern gab es diesmal jede Menge Stimmung und pfiffige Kostüme vom Mittelalter über den Orient bis hin zu den noch jungen Fußball-Weltmeistern.
Eher pessimistisch waren offenbar die sonst so fröhlichen Stallkrawaller, die Musik-Gruppe des Karnevalsvereins „Fidele Sandhasen“, die ihre Percussion-Band in Regencapes einhüllten. Doch das tat der Gruppe um Vortrommlerin Tanja Tahmassebi-Hack keinen Stimmungsabbruch. Mit hohem Tempo brachten ihre Rhythmen das Publikum am Rande der Frankfurter Straße in Schwung. Und später kam tatsächlich die Sonne durch.
Den Festzug führte Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) wieder in einer Kostümrolle an. Im vergangenen Jahr war es eine Hommage an 100 Jahre Rotes Kreuz in Bad Vilbel. Diesmal trug er das Gewand eines historischen Vilbeler Wasserbuben, auf einem alten Drahtesel, ganz in braun-beige mit Weste und zwei Tonkrügen um den Hals gelegt, als Referenz an die vor 150. Jahrer erfolgte Firmengründung der heutigen „Hassia Mineralqullen“.
Orientalisch ging es bei der Begleitgruppe der Stadtkapelle zu, die sich in farbenprächtigen orientalischen Gewändern präsentierte. Im vergangenen Jahr habe man das Motiv Süßigkeiten gehabt, diesmal wollten sie mutiger und multikulturell sein, erklärten die Damen.
Besonders eindrucksvoll fiel der Auftritt von Quellenkönigin Frida I. aus, die hoch zu Ross auf Primero durch die Straßen ritt, einem andalusischen Showpferd der Rasse Pura Raza Española. Zwei Freunde hätten sie auf die Idee gebracht, erzählt die begeisterte Hobby-Reiterin. Primero habe sie ausgewählt, denn „er ist sehr ausgeglichen und kennt viel Trubel, er war auch schon bei der Pferdenacht in Wiesbaden dabei.“ Auch als Quellenkönigin kommt Frida I. viel herum. Seit ihrem Amtsantritt an Pfingsten hat sie rund 30 Auftritte absolviert.
Ehrfurcht einflößend
Stimmung hatten die Kerbeburschen im Gepäck. Vor allem die Gronauer sorgten auf ihrem Anhänger mit lauter Party-Musik („Wir woll’n die Eisbär’n sehn!“) für Aufsehen und ließen zwischendurch auch mal wortwörtlich Dampf ab mit Trockeneis. Gemütlicher gingen es die Dortelweiler Kollegen an: Sie zogen als Fußgruppe mit Bollerwagen, ganz wie am Vatertag, los – hatten aber trotzdem noch Platz für einen dicken Verstärker und flüssigen Proviant, Apfelwein.
Zuversichtlich gab sich der Kicker-Nachwuchs des FV Bad Vilbel, dessen Banner schon den Weltmeister 2026 ankündigte. Den Preis für die besten Kostüme, so er denn vergeben worden wäre, hätte sich Historica Velwila verdient. Der Bad Vilbeler Mittelalter-Verein zog mit urigen, originalgetreuen Kostümen und einem Mann mit Ehrfurcht einflößender Gesichtsmaske los. Die Mitstreiter trugen stolz ihre Holzlanzen und zogen mit Schafsfellen verzierte Wagen.
Strenge TÜV-Prüfungen
Traditionell auf dem Festzug vertreten ist die Binding-Brauerei, die diesmal ihren Sechsspänner aufbot. Nicht minder spektakulär fiel jedoch das Gefährt der Radler-Lobby vom ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club) aus: ein Mega-Tandem für 16 Mitfahrer.
Während das Gefährt nur gemietet war, hat sich die Showtanzgruppe Enchanted des Vereins Gym Gronau als einer der wenigen Vereine noch mit einem richtigen Motivwagen an dem Festzug beteiligt. Denn in diesem Jahr wurden erstmals strenge Sicherheitsauflagen umgesetzt, von TÜV-Prüfungen bis hin zu massiven Brüstungen für die Mitfahrenden. Die Gym-Leute setzten trotzdem ihre mobile Zauberburg in Bewegung, deren Äußeres einem Zuckergebäck ähnelte.
Obwohl der festliche Lindwurm nur 25 Zugnummern gab, bloß halb so viel wie im Vorjahr, tat das der Stimmung am Straßenrand überhaupt keinen Abbruch: Das Weniger wurde mit mehr Fantasie und Fröhlichkeit kompensiert. Niemand murrte, als der Zug schon vorüber war. Die meisten strömten gleich weiter in Richtung Marktgelände zu Fassbieranstich und Markttreiben, das schon vorher begann.