Liebe Mitbürgerinnen
und Mitbürger,
bei knapp 1000 Beschäftigten in Bad Vilbel ist es kein Wunder, dass das „Osterei“ Stada vielfältig diskutiert worden ist.
Sehr verwunderlich ist, dass die seriöse Wirtschaftspresse mehr oder weniger Pressemitteilungen abgeschrieben hat. Gibt es denn keine Fachjournalisten mehr, die in der Lage sind, eine Bilanz zu lesen?
Das kann spannend sein wie die Lektüre eines Krimis. Die Bilanzsumme der Stada zum 31.12.2016 beträgt 3,44 Milliarden Euro. 2,393 Milliarden Euro davon sind Schulden, nur 1,047 Milliarden Euro sind Eigenkapital.
Die immateriellen Werte, die eben keine materiellen Werte sind, überdecken mit 1,582 Milliarden Euro das Eigenkapital sehr deutlich. Und nun kommt der Hammer: Die anglo-amerikanischen Erwerber hatten geplant, der Stada weitere 1,5 Milliarden Euro als Teilkaufpreis als zusätzliche Schulden aufzubürden. Die Bilanz geht sozusagen aus dem Leim, da bei einem Eigenkapital von 1,047 Milliarden Euro die Schulden in Richtung knapp 4 Milliarden Euro in die Höhe springen. Das macht die Lage für das Bad Vilbeler Unternehmen und die Mitarbeiter nicht komfortabler.
Die conclusio lautet: Die Stada sollte für einen bedeutenden Teil des Kaufpreises selbst aufkommen, ohne dass diesen 1,5 Milliarden Euro irgendeine greifbare Gegenleistung für die Stada gegenübersteht.
Wie würden die Zinsen für die 1,5 Milliarden Euro aussehen? Sind sie niedrig oder sind sie auf Junk-Bond-Niveau? Hierzu gab es keine Aussagen. Welche Bank würde der Stada künftig noch bei dieser Verschuldung Geld leihen? Welche Zinsen würden berechnet werden? Wie entwickelt sich das so wichtige Rating? Das alles ist nicht bekannt.
Nun ist der erste Übernahmeversuch gescheitert. Der nächste Versuch folgt. Den Erwerbern und dem ausgewechselten Vorstand sind eine sehr glückliche Hand zu wünschen, dass die rosigen Erwartungen an die Zukunft auch tatsächlich eintreten werden. Ansonsten liefe es auf das altbekannte Finanzinvestoren-Spiel der Finanzindustrie hinaus, ein gesundes Unternehmen auszuschlachten. Heuschrecke oder nicht, das ist die Frage?
In diesem Sinne grüßt Sie herzlich
Stadtrat Klaus Minkel, Wirtschaftsdezernent